Franz Schellhorn, Margit Schratzenstaller, Monika Köppl-Turyna, Oliver Picek ordnen Maßnahmen zum Sparpaket ein
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Nationalratswahl 2024

Wie das Sparpaket der nächsten Regierung aussehen könnte

Viele inhaltliche Details sind aus den Sondierungsgesprächen von ÖVP, SPÖ und NEOS noch nicht durchgesickert. Doch bereits in der ersten Sondierungswoche wurde ein Expertenteam zum Budget eingerichtet. Wer diesem Team angehört, ist genauso wenig bekannt, wie allfällige Ergebnisse. Die Aufgabe jedoch ist drängend und wichtig, denn die neue Regierung wird ein Sparpaket verabschieden müssen. Der Fiskalrat erwartet ein noch höheres Budgetdefizit als zuletzt prognostiziert: 2024 minus 3,9 Prozent und 2025 dann sogar minus 4,1 Prozent des BIP. Über 18 Milliarden Euro fehlen heuer im Budget:

Kurz nach der Nationalratswahl hat das auch der noch amtierende Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) eingestanden und die Budgetprognose des Ministeriums revidiert. Die eher unpopuläre Aufgabe, ein Sparpaket zu verkünden, werden nun seine Nachfolger antreten müssen. Vorschläge liegen bereits einige auf dem Tisch. Sehr oft wird etwa der Klimabonus genannt, der sich als wahrer Budgetmalus entpuppt hat:

Doch was sagen die Experten, wo müsste ein Sparpaket ansetzen? Wo gibt es wie viel Einsparpotential? Wie schnell lassen sich mehrere Milliarden einsparen, ohne die ohnehin schwächelnde Konjunktur weiter zu belasten? Selektiv hat zum kommenden Sparpaket Ökonomen befragt.

Budget: Das sind die Sparideen österreichischer Top-Ökonomen:


Franz Schellhorn – Agenda Austria

Pensionen & Bildungskarenz

  • Bildungskarenz ist zu einer von der Allgemeinheit bezahlten Auszeit für Besserverdiener verkommen, also ersatzlos streichen – ca. 500 Millionen Euro
  • Anhebung des realen Pensionsantrittsalters um 1 Jahr – ca. 2,5 Milliarden Euro pro Jahr
  • Anhebung des Pensionsalters im Einklang mit der Lebenserwartung könnte sogar 10 Milliarden Euro pro Jahr einbringen

Umwelt

  • Klimabonus um jene Summe kürzen, die der Klimabonus mehr kostet, als die CO₂-Steuer einspielt – ca. 400 Millionen Euro

Förderungen & Subventionen

  • Subventionierung des Klimatickets reduzieren, Halbierung der Förderung – 400 Millionen Euro
  • Subventionen für die Umstellung auf grüne Industrie reduzieren – ca. 500 Millionen Euro
  • Förderungen auf das ohnehin sehr hohe Vor-Corona-Niveau zurückfahren – 7 Milliarden Euro pro Jahr

Margit Schratzenstaller – WIFO

Klima & Umwelt

  • Einschränkung des Klimabonus (für den 2025 ein Volumen von 1,9 Milliarden Euro angesetzt ist) – mehrere hundert Millionen Euro
  • Abschaffung des Dieselprivilegs würde Mineralölsteuereinnahmen um mehrere hundert Millionen Euro erhöhen
  • Vermeidung künftiger Ausgaben wegen Verfehlung der Klimaziele durch eine stringente Klimapolitik – bis 2030 bis zu 4,7 Milliarden Euro
  • (oder) Vermeidung künftiger Ausgaben im Gesundheitsbereich durch Reduktion von Übergewicht sowie Tabak- und Alkoholkonsum

Pensionen

  • Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters um 1 Jahr

Förderungen

  • Reform des Fördersystems könnte mittelfristig erhebliche Einsparungen erbringen, die allerdings ohne eine umfassende Erfassung und Evaluierung sämtlicher Förderungen schwer zu quantifizieren sind

Monika Köppl-Turyna – EcoAustria

Klima

  • Reform des Klimabonus; keine Abschaffung, aber Treffsicherheit verbessern z.B. durch Zusammenführung mit dem Pendlerpauschale – bis zu 1,9 Milliarden Euro jedes Jahr 2024-2026
  • Reduktion des Zuschusses zum Klimaticket bis zu 545 Millionen Euro pro Jahr 2024-2026

Pensionen & Bildungskarenz

  • Rücknahme der Änderungen bei der ersten Pensionsanpassung (Abschaffung der Wartefrist, Aliquotierung): 2024 – 470 Millionen Euro, 2026 – 550 Millionen Euro
  • Frühstarterbonus: 2024 – 96 Millionen Euro, 2026 – 156 Millionen Euro
  • Anpassung der Pensionen um 0,5 Prozentpunkte unter der Inflation – etwa 400 Millionen Euro pro Jahr
  • Bildungskarenz reformieren – 307 Millionen Euro pro Jahr

Finanzausgleich

  • Sanktionen bei Nichterreichung der FAG-Ziele im Zukunftsfonds – bis zu 1 Milliarde Euro pro Jahr

Beamte

  • Nulllohnrunde für öffentliche Bedienstete – 500-700 Millionen Euro

Oliver Picek – Momentum Institut

Subventionen an Unternehmen senken

  • Unternehmen sollen – wie bis 2022 mittels Insolvenzentgelt-Fonds – die Lehrlingsförderung wieder selbst tragen, bevor diese vom allgemeinen Budget übernommen wurde – ca. 300 Millionen Euro
  • Forschungsförderungen für Unternehmen konzentrieren und effektiver machen – hohe Mitnahmeeffekte, ohne dass Kennzahlen wie Patente steigen, fungiert als Unternehmenssubvention – ca. 280 Millionen Euro 
  • Handwerkerbonus für 2025 streichen – ca. 100 Millionen Euro 

Klimaschädliche Subventionen senken

  • Zuschüsse des Bundes an die Länder für die Finanzierung von Landesstraßen senken – 100 Millionen Euro 
  • Kostenwahrheit für den Gütertransport auf der Straße: ca. 1,2 Milliarden Euro
    • Flächendeckende LKW-Maut einführen (auch auf Landes- und Gemeindestraßen) 
    • LKW-Maut an tatsächliche verursachte Kosten des Transports per LKW heranführen 

Bankensubventionen zurückholen

  • Subventionen der Nationalbank an die heimischen Banken zurückholen (verzinste Bankreserven in der Einlagenfazilität) – je nach Zinsniveau 500 Millionen bis 1 Milliarde Euro 

Subventionen für Bauern senken

  • Reduktion der nationalen Landwirtschaftsförderungen – 40 Millionen Euro (z.B. Waldfonds und AMA) 
  • Zuschüsse zur Hagelversicherung streichen – ca. 60 Millionen Euro

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