Morning in Brief

Morning in Brief, 4. September 2024

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Sara Grasel und Gregor Plieschnig – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

Förderungen belasten Budget. Eine Anfragebeantwortung des Budgetdiensts im Parlament zeigt, dass staatliche Förderungen in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind. Das Fördervolumen des Bundes stieg demnach von 2017 bis 2022 um 70 Prozent auf 37,1 Mrd. Euro. Das umfasst direkte und indirekte Förderungen, also auch Steuererleichterungen. Die Hälfte des Zuwachses entfiel auf Krisenmaßnahmen. Darum bereinigt stieg das Volumen aber immer noch um 35 Prozent an (zum Vergleich: nominelles BIP + 21,1 Prozent). Es sei ein strukturelles Problem, das den Bundeshaushalt nachhaltig belaste, wenn keine Gegenmaßnahmen gesetzt werden, so die Studienautoren. [Quelle: Bundesbudgetdienst]

Kommentar: Das Dogma der „Preisstabilität“ und die Politik des billigen Geldes (2. Teil)
von Martin Rhonheimer

Martin Rhonheimer Illustration

Geben wir uns keinen Illusionen hin: Auch die seit kurzem angehobenen Zinsen sind real – nach Abzug der Inflationsrate – immer noch extrem tief, zu tief. Sie verschleiern, dass wir zu viel konsumieren und zu wenig sparen. Die Lücke wird mit der Notenpresse ausgefüllt. Ein Kurswechsel ist nicht in Sicht, denn alle haben Angst vor einer Rezession wie der Teufel vor dem Weihwasser. Rein ökonomisch gesehen wäre eine Anpassungsrezession der notwendige Heilungsprozess, allerdings, verbunden mit hohen sozialen Kosten, die man für die Schwächsten so weit wie möglich abzufedern versuchen müsste. Eine notwendige Maßnahme bestünde gemäß dem Leipziger Wirtschaftsprofessor Gunther Schnabl auch darin – im Gleichschritt mit einer die Unternehmen zu höherer Effizienz zwingenden Zinssteigerung – den enorm hohen Regulierungsdruck, der auf der Wirtschaft lastet, zu beseitigen. Eine kapitalistische Wirtschaft braucht nicht „angekurbelt“ zu werden. Wird sie von ihren Fesseln befreit, kommt sie von allein in Gang.

Grafik: Heute werden in Brasilien die Verhandlungen zum EU-Mercosur-Abkommen wieder aufgenommen. Österreich exportierte 2023 Waren im Wert von über 1,2 Mrd. Euro in die Mercosur-Länder (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay). Wichtige Exportschlager sind u.a. Maschinen und Elektrogeräte, Arzneimittel, Chemikalien, Papierwaren sowie Softdrinks. Im Gegenzug importiert Österreich viele für die heimische Fertigung benötigte Rohstoffe wie z.B. Lithium, Hafnium, Magnesium, Niobium, Silicium Metall sowie seltene Erden. Pflanzliche und tierische Produkte machen knapp 19 Prozent der Importe aus.

Bundesanleihen. Die Republik hat sich mit der Aufstockung zweier Bundesanleihen über die Oesterreichische Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) am Dienstag rund 1,4 Mrd. Euro am Finanzmarkt geholt. Aufgestockt wurde die zehnjährige Benchmarkanleihe sowie eine Anleihe aus dem ultralangen Segment mit einer Laufzeit bis 2086. Die Emissionsrendite für die Benchmarkanleihe lag mit 2,812 Prozent etwas über dem Niveau der Aufstockung im August (2,721 Prozent), die 62-jährige Anleihe erreichte eine Emissionsrendite von 2,862 Prozent. [Quelle: OeBFA

Vermögensteuern. Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer haben gemeinsam mit zehn NGOs und Initiativen eine Kampagne für Vermögensteuern in Österreich gestartet. Das Aufkommen aus vermögensbezogenen Steuern soll nach dem Willen der “Allianz für einen fairen Beitrag der Reichsten” von derzeit 2,7 Mrd. Euro (OECD) auf 10 Mrd. Euro pro Jahr steigen. Hierfür wäre eine höhere Summe als jene 5 bis 6 Mrd. Euro vonnöten, die SPÖ-Chef Andreas Babler als mögliches Volumen neuer Vermögensteuern ins Spiel brachte. Experten wie Fiskalratschef Christoph Badelt oder IHS-Chef Holger Bonin bezweifeln, dass derart hohe Einnahmen zu erzielen sind. Vermögensteuern würden laut der Initiative die Demokratie vor der Einflussnahme durch Reiche schützen und wären auch für den Klimaschutz wichtig. Die Industriellenvereinigung reagierte ablehnend – Vermögensteuern seien ein „Angriff auf die heimischen Familienbetriebe“, da Vermögen zum Großteil in Unternehmen stecke. [Quelle: Pressekonferenz; Aussendungen]

Jugendarbeitslosigkeit in Wien. In Wien ist die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen stärker gestiegen als in den übrigen Altersgruppen. Ab Jänner 2025 startet daher die „Jugendstiftung Wien“, die 1000 jungen Menschen eine Ausbildung finanzieren soll. Für vier Jahre sind dafür mehr als 17 Mio. Euro budgetiert. Vor allem auf die Branchen Gesundheit, Soziales, IT sowie „green jobs“ werde ein Fokus gesetzt. Weiters würden die Plätze bei der Initiative „Jugendcollege Wien“ von 900 auf 5000 aufgestockt. [Quelle: waff

Ostsee-LNG-Terminal. Auf der Insel Rügen hat das Flüssigerdgas-Terminal „Deutsche Ostsee“ den Betrieb aufgenommen. Das Energie-Terminal der deutschen ReGas stellt laut der Betreiberfirma einen zentralen Punkt für die Versorgungssicherheit Deutschlands, Österreichs und Osteuropas dar. Mit der Möglichkeit Flüssiggas per Tanker in das Netz einspeisen zu können, soll die Unabhängigkeit von russischen Lieferungen erhöht werden. [Quelle: Deutsche ReGas

Finanzbildungsportal. Das Finanzministerium und die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) starten das Finanzbildungsportal “Finanznavi”. Die Plattform bietet Erklärtexte und -videos für alle Altersgruppen unter anderem zum Vermögensaufbau, zur Privatveranlagung, zur Altersvorsorge oder zur Kreditaufnahme und auch die Möglichkeit, das eigene Finanzwissen zu testen. [Quelle: BMF]

Neue EU-Kommission. Italiens Kandidat für die neue EU-Kommission, Europaminister Raffaele Fitto, könnte laut Medienberichten Vizepräsident der EU-Kommission werden. Fitto (Fratelli d’Italia/FdI) gilt als enger Vertrauter von Premierministerin Giorgia Meloni. Er soll auch das Wirtschaftsressort leiten und für die Überwachung des EU-Wiederaufbaufonds nach der Pandemie verantwortlich sein. Der designierte österreichische EU-Kommissar, Finanzminister Magnus Brunner, rechnet für Mitte September mit einer Entscheidung, welches Ressort er erhält. [Quellen: Welt-Artikel; Medienberichte]

Arbeitsvolumen in Deutschland. Trotz der Wirtschaftsflaute ist die Zahl der Arbeitsstunden in Deutschland gestiegen. Im zweiten Quartal hat das Arbeitsvolumen mit 14,7 Mrd. Stunden erstmals wieder den Vor-Corona-Stand vor fünf Jahren übertroffen. Das entspricht einer Zunahme um 0,3 Prozent zum ersten Quartal. [Quelle: IAB

Büroflächen-Nachfrage. In Deutschland reduzieren Unternehmen ihre Büroflächen, da Homeoffice zunimmt. Jedes vierte der Großunternehmen hat seine Büroflächen verkleinert oder plant eine Verkleinerung. Langfristig erwartet das Ifo, dass die Nachfrage für Büroflächen durch Homeoffice um 12 Prozent zurückgehen wird. [Quelle: Ifo-Institut

Schweizer Wirtschaft. In der Schweiz stieg das BIP im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorquartal um 0,5 Prozent. Vor allem die Industrie wuchs durch die gute Lage der Pharmabranche. Im gesamten laufenden Jahr geht die Regierung aktuell von 1,2 Prozent Wirtschaftswachstum aus. Die Inflation im August sank auf 1,1 Prozent, im Juli waren es noch 1,3 Prozent. [Quelle: Seco

Selektive Agenda:

14:30 Uhr, Wien: Verfassungsministerin Edtstadler bei der Preisverleihung Vergabezeremonie des Kofi Annan Awards in der Hofburg.

Ganztägig, Brüssel: EU-Haushaltskommissar Hahn empfängt Pierre Heilbronn, Frankreichs Sonderbeauftragten für die Ukrainehilfe.

Ganztägig, Brasília, Brasilien: Start neuer Verhandlungsrunde zum EU-Mercosur-Abkommen auf technischer Ebene (Chefverhandler) (bis 6.9.).

Sehen & gesehen werden:

Jobwechsel und Karriereschritte: Uta Bachmann wurde mit 1. September 2024 zur Landespolizeidirektorin von Vorarlberg ernannt. Der bisherige Stellvertreter Michael Prunbauer folgt Gerald Bachinger an der Spitze der Patienten- und Pflegeanwaltschaft in Niederösterreich nach. Florian Maringer übernimmt ab Oktober die Geschäftsführung bei der IG Windkraft von Stefan Moidl. Gottfried Neumeister ist seit 1. September bei Pierer Mobility AG und KTM AG Co-CEO neben Stefan Pierer. Christian Nemeth folgte mit September Klaus Dorninger als Geschäftsführer der Vertriebsgesellschaft der Energie AG Oberösterreich nach. Gudrun Egger ist mit September neu im Vorstand der Erste Stiftung, dafür wechselte Eva Höltl in den Aufsichtsrat der Stiftung. Martin Janda wurde zum Leiter der Geschäftsstelle der Bundeswettbewerbsbehörde bestellt. Damit übernimmt er auch die Stellvertretung der Generaldirektorin.

Spotted. Der Österreichische Cartellverband lud Montagabend anlässlich der bevorstehenden NR-Wahl zu einer Podiumsdiskussion im Kuppelsaal der TU Wien ein. Diskutiert haben Vertreter aller fünf Parlamentsparteien. Gesehen wurden u.a. Nikolaus Scherak, Rudolf Taschner, Elisabeth Götze und Philipp Stadler-Simbürger (ÖCV-Vorortspräsident).

Heute, ab 9 Uhr, Frankfurt: Handelsblatt Banken-Gipfel u.a. mit EIB-Vizepräsidentin Beer, N26-Co-Founder und CEO Stalf, Bitpanda-Co-Founder und CEO Demuth , Deutsche-Bank-CEO Sewing uvm. [Info]

Heute, ab 10 Uhr: Start Ars Electronica Festival in Linz. [Info]

Heute, 11 Uhr, St. Florian bei Linz: Geburtstagsfest und Festkonzert anl. 200. Geburtstag von Anton Bruckner – Bruckner Orchester Linz in der Stiftsbasilika. [Info]

Heute, 17 Uhr, Wien: Diskussion im Hayek Institut „Wie man nachhaltige Steuer- und Finanzpolitik betreibt“ mit Grundinger (Austrian Economics Center), Jäger (CEO des European Economic Senate). [Info & Anmeldung]

Heute, 18 Uhr, Wien: Buchpräsentation Goldegg Verlag „Schule Schaffen“ von Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr im Filmquartier. [invite only]