Guten Morgen Österreich!
Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Gregor Plieschnig und Christoph Hofer – wir melden uns aus Wien.
News – das müssen Sie heute wissen:
Startup-Finanzierung. Wirtschaftsminister Kocher will neben den bestehenden Unterstützungen für heimische Startups einen Fokus auf Investitionen für das Wachstum nach der Gründungsphase legen. Kocher schlägt einen Fonds für Startups mit einer staatlichen Teilgarantie sowie steuerliche Anreize für Privatanleger vor, die sich an Startups beteiligen. Damit sollen erfolgreiche Startups im Scaleup leichter an Kapital kommen. Das Startkapital soll 500 Millionen bis 1 Milliarde Euro betragen und unter anderem von institutionellen Anlegern, also Pensionsfonds, Banken und Versicherungen befüllt werden. Als Vorbild dient ein bereits bestehendes Dachfonds-Modell in Dänemark. [Quelle: Medienberichte]
Kommentar: Österreichs Reformunwille ist ein teurer Spaß
von Sarah Grasel
In Österreich kommen derzeit ungefähr drei Arbeitnehmer auf einen Pensionisten. Bis 2050 sollen es nur noch zwei sein. Das ist ein wichtiger Richtwert, da die erste Säule des Pensionssystems in Österreich – also die staatliche Pension – auf dem Umlageverfahren beruht. Das bedeutet, dass die Einzahlungen der Menschen, die arbeiten, direkt in die Pensionen der derzeitigen Ruheständler fließen. Das Geld reicht aber nicht und es reicht immer weniger.
Grafik: In den letzten 20 Jahren ging der Anteil an Lehrlingen am stärksten in den Sparten „Tourismus & Freizeitwirtschaft“ (2003: 11 Prozent, 2023: 7 Prozent) sowie „Gewerbe und Handwerk“ (2003: 50 Prozent, 2023: 43 Prozent) zurück. In der Industrie hat es seit Anfang 2000 hingegen eine anteilsmäßige (und auch absolute) Zunahme an Lehrlingen gegeben (2003: 13 Prozent, 2023: 16 Prozent). Ein Auf und Ab erlebten die Überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen (ÜBA). Vor 20 Jahren kaum vorhanden steigerten sie ihren Anteil auf bis zu 9 Prozent (2016) aller Lehrlinge. Nach einem Rückgang in den letzten Jahren liegen sie nun bei 5 Prozent (2023).
Situation der Industrie. Keine Besserung der Stimmung in den heimischen Produktionsbetrieben fand der aktuelle Einkaufsmangerindex der Bank Austria. Die Industrie befinde sich nun seit exakt zwei Jahren in Rezession und die schlechte Auftragslage sorgte neuerlich für einen Rückgang des Personalstands. Der Beschäftigtenstand in der Sachgütererzeugung hat gegenüber dem Vorjahr um rund 7.000 Mitarbeiter abgenommen. Die Arbeitslosenquote stieg auf saisonbereinigt 3,9 Prozent und erreichte damit den höchsten Stand seit Juni 2021. Am Mittwoch kritisierte die Bundessparte Industrie (WKO) überschießende Klima-Anforderungen. Die nationale CO2-Steuer und der europäische Emissionshandel (EU-ETS) seien zu überdenken, eine Klimaneutralität der Sparte nicht erreichbar. [Quellen: Bank Austria; Medienberichte]
Sicherheitsstrategie 2024. Auf den letzten Metern einigte sich die schwarz-grüne Koalition auf eine neue Sicherheitsstrategie für Österreich – die alte stammte aus dem Jahr 2013. Die Einigung war laut Grünen möglich nachdem mit der Unabhängigkeit von russischem Erdgas bis 2027 der letzte offene Punkt beigelegt werden konnte. Neben einer umfassenden Neubewertung der Beziehungen zu Russland wird gegenüber China auf eine gezielte Reduktion von Abhängigkeiten in kritischen Bereichen („De-risking“) gesetzt. Eine Vertiefung der Zusammenarbeit im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU als auch der NATO-Partnerschaft für den Frieden (PfP) wird angestrebt. Die Umsetzung des Aufbauplan ÖBH 2032+ soll der Wiederherstellung, dem Ausbau und dem Aufbau neuer militärischer Fähigkeiten des Bundesheeres dienen. Kritik kam vonseiten der Opposition, die vor einem „Schnellschuss“ warnt sowie mangelnde Einbindung beanstandet. [Quellen: BKA; Medienberichte]
Steuersystem. Das Consulting-Unternehmen Deloitte hat in seiner Austrian Tax Survey 2024 zehn Fragen zum Steuerstandort Österreich analysiert. Aus einer Umfrage unter 250 Managern schließt man, dass das hiesige System dringender Reformen bedürfe. Die Komplexität erschwere das Wirtschaften. Vor allem brauche es eine Entlastung des Faktors Arbeit. Neben der Reduktion der Lohnnebenkosten (68 Prozent) wird der Senkung des Einkommensteuersatzes (40 Prozent) große Bedeutung beigemessen. [Quelle: Deloitte]
Forderungen Ärztekammer. Im Zuge der Nationalratswahl präsentierte die Ärztekammer am Mittwoch ihre Forderungen an die nächste Bundesregierung. Zu den Problemen, die dringend angegangen werden müssen, zählt die Ärztekammer insbesondere den Mangel an Personal und lange Wartezeiten. Man verlangt eine Flexibilisierung des Berufs, um attraktiv für Mediziner zu bleiben. Auch die Belastung durch Verwaltung und Bürokratie würde den Job in Österreich erschweren. [Quelle: Ärztekammer]
Kreditvergaben wachsen langsamer. Die Kreditvergabe der Banken an Unternehmen im Euroraum hat ungeachtet der ersten Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) an Schwung verloren. Die Geldhäuser reichten im Juli um 0,6 Prozent mehr Darlehen an Firmen aus als ein Jahr zuvor. Im Juni war das Wachstum mit 0,7 Prozent noch etwas höher gelegen. An die Privathaushalte vergaben die Banken zu Beginn der zweiten Jahreshälfte 0,5 Prozent mehr Darlehen als ein Jahr zuvor, nach einem Plus von 0,3 Prozent im Juni. [Quelle: EZB]
Arbeitsmarkt Deutschland. Das Beschäftigungsbarometer des Ifo-Institut sank im August im Vergleich zum Vormonat von 95,3 Punkten auf 94,8 Zähler. Unternehmen zeigen sich angesichts der schlechten Konjunktur so vorsichtig bei ihrer Personalplanung wie seit dreieinhalb Jahren nicht mehr. Das ist bereits der dritte Rückgang in Folge und der niedrigste Wert seit Februar 2021. [Quelle: Ifo-Institut]
Selektive Agenda & Networking
Ganztägig, Brüssel: Erster Tag des informellen EU-Außenministerrats. (bis 30. 8.)
9 Uhr, Wien: PK mit StS Plakolm & StS Kraus-Winkler gemeinsam mit Gerald Dunkel-Schwarzenberger, Präsident des Verbands der Alpinen Vereine Österreich, Thema: „Zukunft alpiner Infrastruktur“.
14 Uhr, Wien: Bilaterales Gespräch LH Peter Kaiser mit Nihad Uk, Premierminister Kanton Sarajewo.
Urlaubslektüre – Martin Rhonheimer
Gunther Schnabl
„Deutschlands fette Jahre sind vorbei“
Deutschlands wirtschaftlicher Niedergang wird im Kontext der Irrungen und Wirrungen der dysfunktionalen Europäischen Währungsunion, der zur Rettung aufgesetzten, aber verhängnisvollen Politik des billigen Geldes und einer zunehmend planwirtschaftlich-zentralistischen EU analysiert. Das Buch zeigt, wie die vermeintlichen Stärken des „Exportweltmeisters“ Deutschland in Wirklichkeit Schwächen waren und Deutschland nun vor der Wahl steht, sich entweder zusammen mit den südeuropäischen Ländern in einer Schuldenunion durchzuwursteln oder aber nach einem zweiten Erhard zu suchen, der ein neues Wirtschaftswunder in die Wege leitet.
– Martin Rhonheimer
Jobwechsel und Karriereschritte: Bei der Heinzel Group kommt es zu einem Wechsel im Vorstand. COO Kurt Maier legt sein Amt nieder, weil er kürzlich zum Präsidenten der Industriellenvereinigung Steiermark gewählt wurde. Ihm soll am 2. September Karl Achleitner nachfolgen. Heinzel Group CFO Barbara Potisk-Eibensteiner wird ihre Funktion mit Ende des Jahres niederlegen, um Finanzvorständin der Post AG zu werden.
Geburtstage: Wir gratulieren Valerie Hackl und Karl Markovics zum Geburtstag.
Spotted. Die Industriellenvereinigung lud gestern zum Networking im Rahmen des European Forum Alpbachs in den Alpbacherhof. Gesehen wurden neben den Gastgebern Georg Knill und Christoph Neumayer u.a. Andreas Treichl, Karlheinz Kopf, Holger Bonin, Monika Rosen, Georg Krause, Thomas Arnoldner, Antonella Mei-Pochtler und Othmar Karas.
Heute, ganztägig, Alpbach: Europäisches Forum Alpbach: Austria in the World Days (bis 30. 8.) u.a. mit AMS-Chef Kopf; Klimadebatte: Staat vs. Markt.
Heute, ab 9 Uhr, Bad Aussee: Erster Tag „Kommunale Sommergespräche“ (bis 30. 8.) u.a. mit dem ehemaligen deutschen Vizekanzler Fischer, Min. Gewessler, Min. Kocher und Brunner, Kardinal Schönborn. [Info]
Heute, Tirol: Sommerempfang der Industriellenvereinigung Tirol. [Invite only]
Heute, ab 18 Uhr, Wien: iab Diversity BBQ [Info & Anmeldung]
Morning in Brief
