Morning in Brief

Morning in Brief, 23. April 2025

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank, Sara Grasel, Gregor Plieschnig und Christoph Hofer – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

US-Zollpolitik drückt auf globales Wachstum. Die Weltwirtschaft dürfte heuer um 2,8 Prozent wachsen, 2026 um drei Prozent, so die April-Prognose des Internationalen Währungsfonds (IWF). Im Jänner ist man für beide Jahre noch von einem Wachstum von 3,3 Prozent ausgegangen. Die erratische Zollpolitik der USA würde die Konjunktur stark beeinflussen. Die US-Konjunkturprognose ging deutlich von 2,7 Prozent auf 1,8 Prozent zurück, jene für den Euroraum um 0,2 Prozentpunkte auf 0,8 Prozent. Österreich ist das einzige reiche Industrieland, für das der IWF auch 2025 eine Rezession erwartet. Prognostiziert wird ein BIP-Rückgang von -0,3 Prozent. [Quelle: IWF] – Grafik von Christoph Hofer

Markt & Mächte: Schluss mit Diversity und ESG?
mit Niko Jilch und Sara Grasel

„Go woke, go broke“ – mit diesem Spruch kritisieren amerikanische Konservative Unternehmen, die Diversity-Programme fahren. „Go broke“ steht dabei für Einbrüche bei Business Performance und Aktienkurs. Die ersten Unternehmen bekamen das bereits 2023 zu spüren und unter Donald Trump erlebt der Widerstand gegen „Diversity, Equity & Inclusion“ (D.E.I.) ein Revival. Gleichzeitig fahren US-Großbanken ESG-Themen zurück und die EU-Kommission beginnt mit ihrer Entbürokratisierung bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Ist der Trend gekommen um zu bleiben?

Bisher höchste Forschungsquote in Österreich. In Österreich wurden 2024 16,1 Mrd. Euro für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Ins Verhältnis zur Wirtschaftsleistung gesetzt ergibt sich daraus eine Forschungsquote von 3,35 Prozent – der bislang höchste Wert in Österreich und eine minimale Steigerung zu 2023 (3,23 Prozent). Österreich liegt damit nach wie vor über dem EU-Ziel von 3 Prozent, der EU-Schnitt lag 2023 bei 2,2 Prozent. 2023 hatten nur Schweden (3,57 Prozent) und Belgien (3,32 Prozent) höhere Quoten. 7,9 Mrd. Euro oder 49 Prozent der F&E-Ausgaben 2024 finanzierten Unternehmen aus Österreich (inkl. Forschungsprämie von 1,1 Mrd. Euro), 5,6 Mrd. Euro oder 34 Prozent finanzierte der Staat (+ 11 Prozent zu 2023), 2,6 Mrd. Euro oder 16 Prozent kamen von ausländischen Unternehmen. [Quellen: Statistik Austria, BMWET]

Pflege als Schwerarbeit fix. Pflegekräfte erhalten Zugang zur Schwerarbeitspension. Diese ermöglicht eine Pension mit 60 Jahren mit geringeren Abschlägen – Voraussetzung sind mindestens 45 Versicherungsjahre und in den letzten 20 Jahren mindestens 10 Jahre Schwerarbeit. Schon bisher war das bei bestimmter körperlicher Belastung möglich, neu ist, dass auch psychische Belastung miteinfließt. Sozialministerin Korinna Schumann und ÖVP-Klubobmann August Wöginger betonten gestern die Anerkennung, die Pflegekräften für einen „der härtesten Jobs im Lande“ zustehe. Laut Neos ist der Schritt Teil eines größeren Reformpakets, das demnächst vorgestellt werden soll. Kritik kam von der Opposition: es handle sich um eine „Mogelpackung“, weil Pflegekräfte die Voraussetzungen kaum erreichen könnten. Die Junge Industrie betonte, dass das Pensionssystem das Budget bereits stark belastet und es eher eine Einschränkung der gesetzlichen Frühpensionsmöglichkeiten brauche statt einer Ausweitung. [Quellen: BMASGPK, Neos auf X, Junge Industrie, Grüne, FPÖ]

Kaufkraft könnte sich 2025 auf Vorkrisenniveau erholen. Im Verlauf des heurigen Jahres dürfte in fast allen Bereichen die reale Kaufkraft des Jahres 2020 wieder vollständig erreicht werden. Die wiedergewonnene Kaufkraft spiegelte sich im Vorjahr bereits in einem realen Anstieg des verfügbaren Einkommens in Österreich wider. Wäre die Sparquote im Vorjahr nicht auf überdurchschnittliche 11,7 Prozent gestiegen, wäre die Wirtschaft gewachsen anstatt geschrumpft und das zweite Rezessionsjahr in Folge hätte verhindert werden können. Die „gefühlte Inflation“ liegt jedoch weiterhin über der Kaufkraft – die reale Kaufkraft gemessen am Mikro- als auch Miniwarenkorb liegt am Ende des 1. Quartals 2025 um ca. 6 Prozentpunkte niedriger als im Ausgangsjahr 2020. [Quelle: Bank Austria]

BWB und RTR warnen vor weiterer Konsolidierung im Telekom-Bereich. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) warnen vor einer Lockerung der Fusionskontrolle im Telekommunikationssektor auf europäischer Ebene. Der Draghi-Report dürfe nicht fehlinterpretiert werden; europäische Wettbewerbsfähigkeit nach außen nicht mit Wettbewerb innerhalb der Mitgliedstaaten verwechselt werden. Beispiele aus mehreren Ländern würden zeigen, dass eine Reduktion der Marktteilnehmer durch Fusionen negative Auswirkungen zur Folge hatte. Auch in Österreich habe man 2012 die „leidvolle Erfahrung“ gemacht, dass nach der Fusion zweier Mobilfunkanbieter nur noch drei große Player übrig blieben und die Preise in Folge um bis zu 30 Prozent stiegen. Die steigenden Preise würden vor allem die Konsumenten treffen, aber die durch eine höhere Marktkonzentration absinkenden Investitionen und Innovationen schaden der Industrie, den KMUs und der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts. [Quellen: BWB, Gemeinsames Statement der 6 Wettbewerbsbehörden, Pressegespräch]

Budgetdefizite in der EU leicht gesunken. Das öffentliche Defizit gemessen am BIP ist im Euroraum von 3,5 Prozent im Jahr 2023 auf 3,1 Prozent im Vorjahr zurückgegangen. In der EU sank es von 3,5 Prozent auf 3,2 Prozent. Die Staatsschulden im Verhältnis zum BIP stiegen im Euroraum von 87,3 (Ende 2023) auf 87,4 Prozent (Ende 2024) und in der EU von 80,8 auf 81,0 Prozent. Dänemark, Irland, Zypern, Griechenland, Luxemburg und Portugal machten im Vorjahr keine neuen Schulden. Die höchsten Defizite gab es in Rumänien (9,3 Prozent), Polen (6,6 Prozent) und Frankreich (5,8 Prozent). Österreich bilanzierte mit minus 4,7 Prozent. [Quelle: Eurostat]

Euroraum: Konjunkturprognose und Verbrauchvertrauen sinken. 2025 wird die Wirtschaft im Euroraum um 0,9 Prozent wachsen, prognostiziert die Europäische Zentralbank (EZB), bei der vorigen Prognose war man von 1 Prozent ausgegangen. Für 2026 wurde der Ausblick von 1,3 Prozent auf 1,2 Prozent gesenkt. In beiden Jahren würde der Handelskonflikt mit den USA das Wachstum hemmen. Die Inflation soll heuer 2,2 Prozent und nächstes Jahr 2 Prozent betragen. Das Verbrauchvertrauen sinkt im April auf den tiefsten Stand in 18 Monaten – Eurozone -16,7 Punkte (-2,2 Punkte), EU -1,6 Punkte (-2,1 Punkte). [Quellen: EZB, Eurostat]

EU kündigt vereinfachtere Verteidigungsinvestitionen an. Um die schwächelnde europäische Wirtschaft und die erhöhten Rüstungsbemühungen der Mitgliedsländer zu unterstützen, hat die EU-Kommission ein Maßnahmenpaket vorgelegt, mit dem Mitgliedsstaaten einfacher Förderungen für Verteidigungsinvestitionen erhalten können. Damit soll auch die europäische Verteidigungsindustrie durch mehr Aufträge durch EU-Staaten gestärkt werden. [Quelle: EU-Kommission]

Erstmals Strafen nach Digital Markets Act. Die EU-Kommission wird laut Berichten des Handelsblatts heute erstmals Strafen gemäß dem Digital Markets Act (DMA) verhängen. Betroffen sind demnach Apple sowie der Facebook-Mutterkonzern Meta. Die Strafen dürften im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich ausfallen. [Quelle: Handelsblatt]

Schwache Auto-Bilanz 2024. Der Umsatz der 16 weltweit führenden Autokonzerne (ohne China) legte im vergangenen Jahr um 1,6 Prozent zu. Während japanische Hersteller ein zweistelliges Wachstum erreichten, verzeichneten die deutschen Autobauer zusammen ein Umsatzminus von 2,8 Prozent. Insgesamt haben die Autobauer um drei Prozent weniger Autos verkauft und dabei um 20 Prozent weniger Gewinn erwirtschaftet. Für 2025 ist keine Trendwende absehbar. [Quelle: EY]

Neue US-Zölle für Südostasien. Die US-Regierung unter Präsident Trump hat Zusatzzölle in Höhe von bis zu 3.521 Prozent auf Photovoltaik-Paneele aus Kambodscha, Malaysia, Thailand und Vietnam angekündigt. Die hohen Importzölle sollen unlautere Finanzierung der PV-Paneel-Produktion in diesen Ländern durch China ausgleichen. [Quellen: ITA, WSJ]

Bürokratie in Deutschland auf Rekord-Niveau. Der „Bürokratieindex“ des Universitätsprofessors Stefan Wagner steigt Anfang 2025 auf einen neuen Rekordwert. Seit 2010 ist demnach das Volumen der Gesetzgebung in Deutschland um etwa 60 Prozent gewachsen. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich das Volumen der Gesetzgebung trotz politischer Bekenntnisse zum Bürokratieabbau um 2,5 Prozent erhöht. Der Zuwachs seit 2010 geht vor allem auf die überproportionale Zunahme von Regelungen im Bereich Wirtschaftsrecht (+110 Prozent) und Finanzwesen (+88 Prozent) zurück, während die Zunahme in den Bereichen Verwaltung (+54 Prozent) sowie Sozialgesetzgebung (+46 Prozent) langsamer voranschreitet. [Quellen: IDW, Stefan Wagner auf Linkedin]

Erneuter Goldpreisrekord. Der Goldpreis hat gestern die Schwelle von 3.500 Dollar pro Feinunze kurzfristig übersprungen, beendete den Handelstag aber unter 3.400 Dollar. Gemessen in US-Dollar ist der Goldpreis im laufenden Jahr bereits um 30 Prozent gestiegen. Der Preis in Euro liegt derzeit bei rund 2.950 Euro pro Feinunze. [Quellen: Goldpreis, WSJ]

Selektive Agenda:

Bratislava, Slowakei: Außenministerin Meinl-Reisinger bei slowakischem Außenminister Blanár, 16:00 Uhr Pressekonferenz

Österreich: 3. KV-Verhandlungsrunde in der Chemischen Industrie [Info]

9:00 Uhr, Wien: Statistik Austria veröffentlicht Zahlen zum Finanzausgleich 2023

10:00 Uhr, Wien: Ministerrat im Bundeskanzleramt

11:00 Uhr Wien: Pressefoyer nach dem Ministerrat mit Europaministerin Plakolm, Wissenschaftsministerin Holzleitner und Bildungsminister Wiederkehr

11:00 Uhr, Luxemburg: Eurostat veröffentlicht EU-Handelsbilanz Februar

15:00 Uhr, Washington, USA: IWF/Weltbank-Frühjahrstagung: Vorstellung „Fiscal Monitor“ [Live]

20:00 Uhr, Washington, USA: US-Notenbank Fed veröffentlicht Konjunkturbericht „Beige Book“

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Katerina Vollmann ist neue Partnerin bei Ward Howell International. Dieter Brader leitet ab 5. Mai den Newsroom der Wiener Linien. Josef Pröll tritt per 28. Juni als Niederösterreichs Landesjägermeister zurück, als Nachfolger wurde Einstimmig Christoph Metzker vorgeschlagen.

Geburtstage: Wir gratulieren Herbert Scheibner zum Geburtstag.

Sehen & gesehen werden:

8:00 Uhr, Wien: Symposium Ignaz Semmelweis Institute „From Emerging Pathogens to Vaccines and Therapeutics“ mit u.a. Pamela Rendi-Wagner (ECDC), Florian Krammer [Info]

17:00 Uhr, Raaba-Grambach: RLB Steiermark und Industriellenvereinigung Steiermark laden zum Konjunkturgespräch „Digitale Transformation – quo vadis? Wie Wirtschaft mit künstlicher Intelligenz die Zukunft gestaltet“ mit Christian Helmenstein, Ariane Pfleger, David Cemernek, Gert Glawar, Matthias Traub [Info]

18:00 Uhr, Wien: Diskussionsveranstaltung „Demografischer Wandel in Österreich – Analyse, Herausforderungen, Antworten“ mit u.a. Nationalratspräsident Walter Rosenkranz, Gudrun Kugler, Regina Fuchs, Ingrid Korosec [Info]

18:30 Uhr, Wien: Afterwork #TheREAL100 No. 14 – Keynote: „Mut. Macht. Zukunft. Warum Female Empowerment die Arbeitswelt verändert“ [Info | invite only]

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