Guten Morgen Österreich!
Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank und Gregor Plieschnig – wir melden uns aus Wien.
News – das müssen Sie heute wissen:
4,4 Prozent Budgetdefizit erwartet – Defizitverfahren „unausweichlich“. Der Fiskalrat veröffentlichte am Freitag seinen neuen Budgetausblick, der erneut negativ ausfällt: Für 2025 wird ein gesamtstaatliches Budgetdefizit von 4,4 Prozent erwartet, für 2026 dann 4,1 Prozent. 2026 wird auch der historische Höchststand der Schuldenquote erreicht. Die bisher beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen i. H. v. 6,4 Mrd. Euro würden nicht ausreichen, um ein Defizitverfahren abzuwenden – damit läge das Defizit immer noch bei 4,0 Prozent. Die Regierungsspitze hat sich wiederholt gegen höhere Einsparungen ausgesprochen. Ein Defizitverfahren sei jetzt wohl „unausweichlich“, so Vizekanzler Andreas Babler. Auch Außenministerin Beate Meinl-Reisinger hält an der vereinbarten Summe fest und fordert Strukturreformen, etwa Steuerhoheit für die Bundesländer. Die Ratingagentur Scope sieht aufgrund des hohen Budgetdefizits ebenfalls höheren Druck, Strukturreformen in Angriff zu nehmen. Für 2025 erwartet Scope ein drittes Rezessionsjahr mit einem Wirtschaftsrückgang von -0,2 Prozent des BIP. [Quellen: Fiskalrat, Babler im „Journal zu Gast“, Meinl-Reisinger in der „Pressestunde“, Scope Ratings]
Kommentar: Ohne schmerzhafte Schnitte wird es nicht gehen
von Georg Renner

Dass die türkis-rot-pinke Koalition entgegen der Warnungen von Fiskalrat, EU und Ökonominnen jeder Façon offenbar findet, mit ihrem Sparpaket für heuer eh schon ihr Möglichstes getan zu haben, verwundert doch einigermaßen. Es bräuchte jetzt schnell eine Vision, wie man wieder in halbwegs beherrschbare Budget-Dimensionen kommen könnte. Das wird weh tun, keine Frage.
Grafik (von Christoph Hofer): Im Jahr 2024 gab kein Land innerhalb der OECD mehr für Soziales aus als Österreich. Mit 31,6 Prozent öffentlicher Sozialausgaben am Bruttoinlandsprodukt erreichte man zum ersten Mal den Spitzenplatz – gefolgt von Finnland (31,4 Prozent) und Frankreich (30,6 Prozent). Damit liegt Österreich auch deutlich über dem OECD-Schnitt von 21,2 Prozent. Insbesondere die Ausgaben für Altersleistungen und Gesundheit steigen seit Jahrzehnten konstant und machten im Jahr 2021 bereits mehr als zwei Drittel der Gesamtausgaben aus. [Quelle: OECD]

Freihandel mit Indien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi Arabien. Vergangene Woche besuchte die indische Finanzministerin Nirmala Sitharaman ihren österreichischen Amtskollegen Markus Marterbauer sowie Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer. Österreich will die Wirtschaftsbeziehungen nach Indien vertiefen, unter anderem im Rahmen der Rot-Weiß-Rot-Karte den Fachkräfteaustausch verstärken. Auch den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen Indien und der EU stärkte Österreich den Rücken. Nachdem letzte Woche zwischen der EU-Kommission und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) Freihandels-Verhandlungen aufgenommen wurden, forderte Europaparlamentarier Reinhold Lopatka auch mit Saudi Arabien ein Freihandelsabkommen. [Quellen: BMF, BMWET, ÖVP]
Staatliche Rüstungsagentur soll eingerichtet werden. Wie der „Kurier“ berichtet, sollen bei militärischen Beschaffungsaufträgen wieder „Gegengeschäfte“ für die Zulieferindustrie ermöglicht werden. Industrielle Kooperationen sollen im international üblichen Format künftig stärker genutzt werden, bestätigt Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer dem „Kurier“. Für die Abwicklung dieser Kooperationen soll es Überlegungen geben, eine staatliche Rüstungsagentur zu gründen. Wo diese aber angesiedelt werden soll, sei noch offen. [Quelle: Kurier]
Mehr Geld für Deutschförderung an Schulen. Die Lehrer-Planstellen für Deutschförderung werden im kommenden Schuljahr von 577 auf 1.324 mehr als verdoppelt. Auch die finanziellen Mittel werden somit von 46 Mio. Euro auf 108 Mio. Euro mehr als verdoppelt. Knapp 8 Prozent aller Pflichtschüler benötigen derzeit intensive Deutschförderung – in der ersten Klasse Volksschule ist es fast ein Viertel. Lehrergewerkschaft und Industriellenvereinigung begrüßen den Ausbau der Deutschförderung. [Quelle: BMB, APA, IV]
Streit um Maul-und-Klauenseuche-Verordnung. Heute fällt das flächendecke Einfuhrverbot für tierische Produkte aus Ungarn und der Slowakei. Stattdessen wird es auf jene Gebiete beschränkt, die laut EU-Recht als betroffen ausgewiesen sind. ÖVP-Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager nennt die entsprechende Verordnung des SPÖ-geführten Gesundheitsministeriums „reinen Irrsinn“ sowie „grob fahrlässig und unverantwortlich“. [Quelle: Kronen Zeitung, BMASGPK]
EU-Gasspeicherregeln sollen verlängert werden. Die EU-Staaten haben sich für eine Verlängerung der Gasspeicherregeln um zwei Jahre ausgesprochen. Die Regeln sollen jedoch angepasst und flexibler werden. Statt dem Stichtag des 1. November soll die 90-Prozent-Füllmarke im Zeitraum zwischen 1. Oktober und 1. Dezember erreicht werden. Auch soll bis zu 10 Prozent vom Ziel abgewichen werden können. Verhandlungen über die konkrete Ausgestaltung der neuen Regeln beginnen im Mai. [Quelle: Europäischer Rat]
Warnung vor Weltwirtschaftskrise. Angesichts des von den USA vom Zaun gebrochenen Handelskriegs sei eine globale Wirtschaftskrise „nicht mehr auszuschließen“, so der Chef des deutschen Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Die amerikanischen Zölle alleine würden die Weltwirtschaft zwar nicht in die Krise stürzen können, aber wenn sich der Protektionismus auch in China und Europa ausbreitet, kann es zu einer „großen Krise“ kommen, so Fuest. Es hätte „unkalkulierbare Folgen“, wenn der US-Aktienmarkt und der US-Dollar als Leitwährung in Frage gestellt würden. [Quelle: Fuest in der SZ]
US-Zölle gegen China teilweise aufgehoben. Die US-Regierung hat am Wochenende die Importe von 20 Produktkategorien aus China – unter anderem Smartphones, Laptops, Halbleiter und weitere elektronische Geräte – von den „reziproken“ Zöllen sowie dem 10-prozentigen Basiszoll ausgenommen. US-Handelsminister Howard Lutnick zufolge ist diese Ausnahme aber nur temporär, bereits in einem Monat könnten auch diese Produktkategorien neuen Zöllen unterliegen. China hatte erst am Freitag ihrerseits die Importzölle für US-Güter von 84 auf 125 Prozent angehoben, weitere Erhöhungen aber ausgeschlossen. [Quellen: Reuters I, Reuters II, Caixin]
EU erwägt Steuern auf US-Techfirmen. Sollten die Verhandlungen über die derzeit pausierten Zölle auf EU-Importe nicht erfolgreich sein, so erwägt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen höhere Abgaben für US-Firmen – etwa im Bereich der digitalen Werbung. Man habe den USA bereits angeboten, die Zölle für Industriegüter beiderseits auf Null zu setzen („zero-for-zero“), so EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis. Heute trifft EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič in Washington D.C. Vertreter der US-Regierungen zu Verhandlungen. Auch wenn die „reziproken“ Zölle derzeit pausiert sind, belasten die 10-prozentigen Basiszölle die Wirtschaftsbeziehungen weiterhin. [Quellen: Financial Times, EU-Kommission, Reuters]
Billigere Energie hält deutsche Inflation niedrig. Nach je 2,3 Prozent im Jänner und Februar kommt die deutsche Inflation im März bei 2,2 Prozent zu liegen. Grund dafür sind günstigere Energiepreise, diese waren um 2,8 Prozent niedriger als im März 2024. Den stärksten Rückgang verzeichneten Kraftstoffe mit -4,6 Prozent. Nahrungsmittel verteurten sich jedoch um 3,0 Prozent – hier vor allem Speisefette/-öle sowie Obst und Gemüse. [Quelle: Statistisches Bundesamt]
US-Verbraucherstimmung bricht weiter ein. Die Stimmung unter den US-Verbrauchen fällt den vierten Monat in Folge. Nach 57,0 Punkten im März fällt der Indikator um 11 Prozent bzw. 6,2 Zähler auf 50,8 Punkte. Im März 2024 lag der Indikator noch bei 77,2 Punkten. Die Inflationserwartungen für das kommende Jahr wurden erneut auf 6,7 Prozent nach oben revidiert – der höchste Wert seit 1981. Der Anteil der Befragten, die steigende Arbeitslosigkeit erwarten, verdoppelte sich seit November und ist auf dem höchsten Stand seit 2009. [Quelle: University of Michigan]
Erneut Goldpreisrekord. Der Goldpreis hat am Freitag die Schwelle von 3.200 US-Dollar pro Feinunze übersprungen und beendete den Handelstag bei 3.238,82 US-Dollar. Gemessen in US-Dollar ist der Goldpreis im laufenden Jahr um fast ein Viertel gestiegen. [Quelle: Goldpreis]
Selektive Agenda:
Washington D.C., USA: EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič trifft US-Vertreter zu Zoll-Verhandlungen
8:00 Uhr, Luxemburg: EU-Außenministerrat mit Außenministerin Meinl-Reisinger [Info]
12:30 Uhr, Warschau, Polen: Informelle Tagung der Sozialminister (bis 15. April) [Info]
Wochenvorschau:
Am Dienstag veröffentlicht die Bank Austria den Konjunkturindikator für April, die Statistik Austria den Baukostenindex für März. Am Mittwoch folgen die endgültigen Zahlen für den Verbraucherpreisindex März von Statistik Austria und Eurostat. Am Donnerstag findet die nächste zinspolitische Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt statt – ein Ergebnis wird für 14:15 Uhr erwartet. Am Karfreitag bleiben die Börsen in Österreich und Deutschland geschlossen.
Selektives Networking:
Jobwechsel und Karriereschritte: Michael Linhart soll Präsident des Europaforums Wachau werden. Daniela Dahlke moderiert heute erstmals „Oberösterreich heute“. Norbert Trawöger wird ab 18. August „Artistic Director“ der LIVA, Kai Liczewski wird „Executive Director“.
Sehen & gesehen werden:
16:30 Uhr, Wien: FFG Quanten Perspektiven „Chance oder Bedrohung: Wie disruptiv sind Quantentechnologien?“ [Info]