Guten Morgen Österreich!
Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Stephan Frank und Christoph Hofer – wir melden uns aus Wien.
News – das müssen Sie heute wissen:
Fiskalrat erwartet 2025 höheres Budgetdefizit. Heute wird die neue Budget-Schnellschätzung des Fiskalrats veröffentlicht. Fiskalratspräsident Christoph Badelt hatte gestern vorab wissen lassen, dass die Prognose zeigt, dass das Defizit „noch größer ist, als man das bisher erwartet hat“. Das sei zu einem großen Teil dem föderalen System geschuldet, vor allem die Bundesländer würden das Defizit noch viel größer machen als bisher angenommen. Die Regierung müsse sich nun dringend um die Budgetkonsolidierung kümmern und danach Strukturreformen angehen, so Badelt. Auch Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker fordert, den Spardruck für Strukturreformen zu nutzen. [Quellen: Podcast „Rohrer bei Budgen“ (Timecode 11:30), Parlamentskorrespondenz]
Autozuliefer-Industrie: „Abhängigkeit von deutschen Herstellern reduzieren“
Interview mit Stefan Rathausky
Europäische Autohersteller geraten immer mehr unter Druck und das belastet auch die österreichische Zulieferindustrie. „Die Arbeitslosigkeit in der Herstellung von Kraftwagen und -teilen stieg von 2023 bis 2024 um 45 Prozent, was doppelt so hoch ist wie im allgemeinen Manufacturing-Sektor und vierfach so hoch wie in der Gesamtwirtschaft“, sagt Industrie-Experte Stefan Rathausky. Er sieht vor allem in der Europa-Zentrierung der Zulieferer ein Problem.
Grafik (von Christoph Hofer): Die stockende Nachfrage belastet heimische Produktionsbetriebe immer stärker. Im regelmäßigen Business Survey der Europäischen Kommission gaben zuletzt (Q1 2025) 38,6 Prozent der nennenden Betriebe „Auftragsmangel“ als Grund für eine eingeschränkte Produktion an. Gefolgt von „Personalknappheit“ (7,2 Prozent) sowie „Materialengpass“ (4,6 Prozent). Währenddessen klagt kaum ein Betrieb über „Finanzierungsprobleme“ (0,6 Prozent). Vor zwei Jahren zählten noch der Arbeitskräfte- und Materialmangel zu den dominierenden Produktionsproblemen. [Quellen: Eurostat, Momentum Institut]

Produktion in Industrie und Bau im Februar gestiegen. Nach zwei Jahren fast durchgängigen Rückgängen ist der Produktionsindex für Industrie und Bau im Februar 2025 im Vergleich zu Februar 2024 um 1,8 Prozent gestiegen – die Bauproduktion hat um 2,8 Prozent zugelegt, die Industrieproduktion um 1,6 Prozent. Im Vergleich zum Jänner 2025 ergibt sich jedoch ein Minus von 1,0 Prozent – die Bauproduktion verzeichnet ein leichtes Plus von 0,8 Prozent, die Industrieproduktion jedoch ein Minus von 1,5 Prozent. [Quelle: Statistik Austria]
10.000 Arbeitsplätze durch US-Zölle bedroht. Laut Analysen der Bank Austria könnten die US-Zölle die heimische Wirtschaftsleistung 0,25 Prozent an Wertschöpfung kosten. Auch wenn Teile der Zölle vorerst ausgesetzt werden, gäbe es schon jetzt Effekte, so Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer. Insgesamt wären bis zu 10.000 Arbeitsplätze in Österreich bedroht. Am stärksten wären die Steiermark und Oberösterreich betroffen. [Quellen: Bank Austria Analyse, Stefan Bruckbauer auf Bluesky]
Gewerbe und Handwerk seit 5 Jahren im Minus. Im Gesamtjahr 2024 verzeichneten Gewerbe und Handwerk ein reales Minus von 4,5 Prozent – das fünfte Jahr mit mengenmäßigem Rückgang des Geschäftsvolumens in Folge. Kumuliert betrachtet sind die Umsätze zwischen 2019 und 2024 um mehr als ein Fünftel geschrumpft. Auch die Investitionen haben 2024 einen Tiefpunkt von 3,5 Mrd. Euro erreicht. Das erste Quartal 2025 ist schwach verlaufen, 28 Prozent der Betriebe verzeichneten Rückgänge, nur 18 Prozent ein Plus. [Quellen: WKO, KMU Forschung]
KV-Verhandlungen: Chemische Industrie sowie Elektro- und Elektronikindustrie ohne Ergebnis. Die Kollektivvertragsverhandlungen verliefen in der zweiten Runde in beiden Branchen ergebnislos. Die Gewerkschaft der chemischen Industrie informierte gestern in einer österreichweiten Konferenz die Betriebsräte und hat über die weitere Vorgehensweise beraten. Die nächste Verhandlungsrunde findet am 23. April statt. In der Elektro- und Elektronikindustrie will die Gewerkschaft die dritte Runde am 30. April abwarten. Sollte auch dort keine Einigung erzielt werden, werde ebenfalls eine Betriebsrätekonferenz einberufen. [Quellen: ÖGB: Chemische Industrie, Elektro- und Elektronikindustrie]
Vorstöße in der Energiepolitik. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer drängt auf „schnellere Verfahren“ für Großprojekte, um die Energiewende schneller vorantreiben zu können. Abhilfe soll hier das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz (EABG) schaffen, dessen Gesetzesentwurf er bis zum Sommer vorlegen will. Bei der neuen deutschen Bundesregierung will er sich für die Errichtung der Nord-Süd-Leitung aussprechen. Klima- und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig hat sich indes für ein Aufheben des CO2-Speicherverbots ausgesprochen. [Quelle: Medienberichte]
Studie: Arbeitnehmer verbringen fast Hälfte der Arbeitszeit mit nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten. Laut einer Deloitte-Studie werden 41 Prozent der täglichen Arbeitszeit für nicht-wertschöpfende Tätigkeiten aufgewandt. 68 Prozent der Arbeitnehmer hätten zu wenig Zeit, um sich auf „essenzielle Aufgaben“ zu konzentrieren. „Wir kommen vor lauter Arbeit nicht mehr zum Arbeiten“, so Deloitte-Partner Julian Maulhart. Bürokratie, Reporting und administrative Aufgaben würden Innovation und Kreativität verdrängen. [Quelle: Deloitte-Aussendung, Studie]
Der Babysitter-Staat hat die Bürger entmündigt
„Kontrapunkt“ von Martin Rhonheimer

Durch das Eindringen der öffentlichen Hand in alle Lebensbereiche, mit dem Ziel der sozialen Absicherung – sprich: Betreuung – wird die heute auch weite Teile der traditionellen Arbeiterschaft umfassende bürgerliche Mittelschicht, Rückgrat einer jeden freien Gesellschaft, ökonomisch geschwächt und moralisch-psychisch korrumpiert. Der gesunde Stolz, ein Leben in eigener Verantwortung zu führen, dafür auch Lebensrisiken zu tragen sowie Verantwortung für andere zu übernehmen, verkümmert.
EU setzt Gegenzölle für 90 Tage aus. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte gestern an, den Verhandlungen mit US-Präsident Trump „eine Chance“ geben zu wollen. Die Gegenmaßnahmen der EU werden somit für 90 Tage „auf Eis“ gelegt. Sollten die Verhandlungen jedoch nicht zufriedenstellend verlaufen, werden die Gegenzölle zum Tragen kommen. Auch werden weitere Gegenmaßnahmen vorbereitet, alle Optionen blieben auf dem Tisch, so von der Leyen. [Quellen: EU-Kommission, Von der Leyen auf X]
EU und Vereinigte Arabische Emirate verhandeln Freihandelsabkommen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verkündete gestern, dass sie gemeinsam mit Muhammad bin Zayid Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen begonnen hat. Die anstehenden Verhandlungen sollen sich auf die Liberalisierung des Waren-, Dienstleistungs- und Investitionshandels konzentrieren und die Zusammenarbeit in strategischen Sektoren wie erneuerbaren Energien, grünem Wasserstoff und kritischen Rohstoffen vertiefen. EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič soll bald zu Verhandlungen in die VAE aufbrechen. [Quellen: EU-Kommission, Von der Leyen auf X]
US-Zölle: Europäische Börsen im Plus, US-Börsen wieder im Minus. Die europäischen Börsen legten nach den großteils pausierten Zöllen gestern wieder zu. Der ATX stieg um 3,15 Prozent, der DAX um 4,53 Prozent und der Eurostoxx 50 um 4,26 Prozent. In den USA ging es jedoch weiter bergab, unter anderem weil das Weiße Haus gestern bekannt gab, dass der effektive Zoll für Importe aus China nicht bei 125 sondern insgesamt sogar bei 145 Prozent liegt. Der Dow Jones Industrial Average startete den Handelstag mit -5 Prozent und endete schließlich bei –2,50 Prozent. Der S&P 500 gab um 3,46 Prozent nach. Der technologielastige Nasdaq 100 schloss mit einem Minus von 4,19 Prozent. Die Aktienbörsen in Ostasien gaben in den frühen Morgenstunden leicht nach. [Quellen: CNBC, Börsenkurse]
Deutsche Wirtschaft weiterhin in der Krise. Die „Gemeinschaftsdiagnose“ der führenden deutschen Wirtschaftsinstitute attestiert Deutschland weiterhin eine krisenhafte Entwicklung. Der geopolitische Umbruch verschärft die Krise und Strukturreformen würden noch dringlicher. Das deutsche BIP dürfte 2025 mit einem minimalen Wachstum von 0,1 Prozent mehr oder weniger stagnieren. Die erwartete Erholung verzögert sich aufgrund der US-Zollpolitik. Für 2026 wird ein BIP-Wachstum von 1,3 Prozent erwartet, wobei 0,3 Prozentpunkte auf die höhere Zahl an Arbeitstagen zurückgehen. Ein Teil der Produktion in der energieintensiven Industrie dürfte „dauerhaft weggefallen“ sein. [Quelle: Gemeinschaftsdiagnose: Pressemitteilung, Langfassung]
USA: Inflation fällt, Anträge auf Arbeitslosenhilfe steigen. Der US-amerikanische Verbraucherpreisindex kommt im März 2025 im Vergleich zum Vorjahresmonat bei 2,4 Prozent zu liegen. Im Vergleich zum Februar 2025 ergibt sich ein Rückgang der Preise um -0,1 Prozent, unter anderem aufgrund billigerer Flugtickets, Kfz-Versicherungen sowie Preise für Gebrauchtwagen. Analysten sehen diesen Trend aufgrund der Handelspolitik jedoch nicht anhalten, vor allem aufgrund der hohen Zölle auf chinesische Importe. In der Vorwoche sind die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe im Rahmen der Erwartungen um 4.000 auf 223.000 gestiegen. [Quellen: U. S. Department of Labor, Bureau of Labor Statistics, Reuters]
China kämpft mit Deflation. Die chinesischen Verbraucherpreise sinken im März das zweite Mal in Folge. Volle Lager aufgrund des Handelskonflikts mit den USA könnten die heimischen Preise noch weiter drücken. Im Februar sank der Verbraucherpreisindex im Jahresvergleich um 0,7 Prozent, im März um 0,1 Prozent. [Quelle: Reuters]
Selektive Agenda:
Straßburg, Frankreich: Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (letzter Tag) [Info]
Warschau, Polen: Informelle Tagung der Wirtschafts- und Finanzminister (ECOFIN) mit Finanzminister Marterbauer (bis 12. April) [Info]
Vormittag, Wien: Fiskalrat veröffentlicht Schnellschätzung zum Budgetdefizit.
10:00 Uhr, Wien: Finanzstaatssekretärin Eibinger-Miedl nimmt an der Eröffnung des neuen Artenschutzhauses im Tiergarten Schönbrunn teil.
10:30 Uhr, Wien: Innenminister Karner und Bankenspartenobmann Höllerer unterzeichnen „Sicherheitspakt“.
10:30 Uhr, Wien: Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer empfängt indische Finanzministerin Sithmaran in Wien.
Selektives Networking:
Jobwechsel und Karriereschritte: Hans Georg Hagleitner führt die Geschäftsführung der Hagleitner Hygiene International GmbH seit 1. April mit seinen beiden Töchtern Katharina und Stefanie Hagleitner gemeinsam, ab spätestens März 2026 sollen die Töchter dann alleine übernehmen. Lukas Brandweiner wurde als neuer Generalsekretär des Bundes ÖAAB bestellt.
Geburtstage: Wir gratulieren Peter Stöger zum Geburtstag.
Sehen & gesehen werden:
Samstag, 20:00 Uhr, Wien: 30. Charity Ball an der Diplomatischen Akademie [Info & Tickets]