Morning in Brief

Morning in Brief, 10. September 2024

Guten Morgen Österreich!

Wir begrüßen Sie bei unserem wirtschaftspolitischen Briefing um 7 Uhr! Heute zusammengestellt und editiert von Sara Grasel und Gregor Plieschnig – wir melden uns aus Wien.

News – das müssen Sie heute wissen:

Clean Industrial Deal. Der ehemalige EZB-Chef Mario Draghi hat gestern seinen lange erwarteten Report zur Wettbewerbsfähigkeit der EU vorgelegt. Darin beziffert er die zusätzlich notwendigen Investments zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Bewältigung der digitalen und grünen Transformation mit 750 bis 800 Milliarden Euro pro Jahr. Das sei mehr als doppelt so viel, wie notwendig war, um Europa nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufzubauen. Der Report analysiert die Herausforderungen in den Bereichen Innovation, Energie/Rohstoffe, Kapital und Sicherheit und gibt Handlungsempfehlungen wie eine europäisch orientierte öffentliche Beschaffung, eine gemeinsame Schuldenaufnahme der EU, eine Konsolidierung des fragmentierten Telekom-Marktes und einen Abbau einseitiger Abhängigkeiten bei grünen Technologien. Der Report soll als Basis für einen „Clean Industrial Deal“ dienen, die die nächste EU-Kommission in ihren ersten 100 Tagen vorlegen will. [Quelle: EU-Kommission; Selektiv; Draghi-Report]

Kommentar: Ein Deus ex machina für Reformen
von Alexander Purger

Alexander Purger Illustration

Es ist eine reizvolle Vorstellung, sich auszumalen, wie die heimische Politik aussähe, wenn es dort einen Transfermarkt wie im Fußball gäbe. Bitte, dass österreichische Politiker ins Ausland abgeworben würden, wäre auf Grund des hiesigen Leistungsniveaus eher unwahrscheinlich. Umso dringender wäre es, dass sich die heimischen Parteien personelle Verstärkung aus dem Ausland holen. 

Grafik. Österreich verzeichnet die zweithöchste Teilzeitquote aller 27 EU-Staaten. Für Österreich liegen auch bereits die Zahlen für das zweite Quartal 2024 vor. Laut Statistik Austria arbeiteten von April bis Juni 51,6 Prozent aller erwerbstätigen Frauen in Teilzeit, bei den Männern waren es 13,9 Prozent. Vor 30 Jahren lag die Frauen-Teilzeitquote hierzulande nur bei 26 Prozent und bei Männern bei 4 Prozent.

Teilzeitquote in Europa, Eurostat, Statistik Austria

Lange Rezession. Die derzeitige Rezession der heimischen Industrie ist laut Wifo die zweitlängste Krise seit über 20 Jahren. Bisher habe nur die Krise Anfang der 2000er-Jahre länger gedauert, jedoch seien damals die Produktionseinbußen deutlich geringer gewesen. Der Rückgang über die letzten sechs Quartale markiere den drittstärksten Produktionseinbruch nach der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/09 und der Corona-Krise. Vorlaufindikatoren für Österreich und den Euro-Raum lassen auch für die kommenden Monate nur eine gedämpfte Wirtschaftsdynamik erwarten. [Quelle: Wifo-Konjunkturbericht

Zukunftsmonitor. Industrie und Unternehmertum genießen konstant ein sehr hohes Vertrauen in der heimischen Bevölkerung, wie aus dem „Zukunftsmonitor“ des IFES im Auftrag der Industriellenvereinigung hervorgeht. Migration wird als wichtiger Hebel für die Bekämpfung des Fachkräftemangels wahrgenommen. Der Eindruck, dass sich Österreich in die falsche Richtung entwickelt, verhärtet sich jedoch. Im Wahljahr 2024 rangiert das Vertrauen in politische Parteien auf einem niedrigen Niveau, die Mehrheit sieht Chancengleichheit im Land nicht ausreichend gegeben, nur rund ein Viertel ist mit dem politischen System Österreichs zufrieden. [Quelle: Zukunftsmonitor]

Energiepreise. Die durchschnittlichen Energiepreise für Haushalte sind im Juli im Monatsvergleich um 0,3 Prozent gesunken – ein Rückgang den zehnten Monat in Folge. Seit dem historischen Höchststand im Oktober 2022 sind die Preise damit um 14 Prozent gesunken, liegen aber immer noch deutlich über dem Vorkrisenniveau (September 2021). Rückgänge gibt es vor allem bei Erdgas, während die Preise von Benzin und Diesel leicht anzogen. [Quelle: Energieagentur]

Konjunktur-Erwartungen. Eine Investoren-Umfrage der Beratungsfirma Sentix ergibt einen weiterhin pessimistischen Blick auf die Konjunktur Europas – vor allem für Deutschland. Das Barometer sank den dritten Monat in Folge und fiel um 1,5 Zähler auf minus 15,4 Punkte. Die Erwartungen konnten sich zwar etwas verbessern, blieben aber mit -8 Punkten negativ. Hoffnung mache den Anlegern lediglich die Aussicht auf eine lockere Geldpolitik. Der nächste Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) steht am Donnerstag an. [Quelle: Sentix

EU-Kommissions-Personalia. Slowenien nominiert nach dem Rückzug des bisherigen Kandidaten für das Amt des EU-Kommissars nun eine Frau für die Brüsseler Behörde. Die slowenische Regierung bestätigte am Montag einstimmig die frühere Diplomatin Marta Kos als Kommissarskandidatin. Am Mittwoch will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Aufgabenverteilung ihres neuen Teams bekanntgeben. [Quelle: Medienberichte]   

Deutsche Wirtschaft. Die deutsche Maschinenbau-Industrie rechnet heuer mit rund 8 Prozent weniger Produktion als im Vorjahr – bisher ging man von minus 4 Prozent aus. Einen stärkeren Einbruch hatten die Unternehmen zuletzt im Coronajahr 2020 erlebt. Wegen der schwachen Bestellungen rechnet man auch 2025 mit einem Produktionsrückgang von 2 Prozent. Laut einer Ifo-Umfrage beklagen derweil 50,6 Prozent aller Betriebe im Wohnungsbau über Auftragsmangel, ein minimaler Rückgang gegenüber Juli (51,3 Prozent). [Quellen: VDMA, Ifo-Institut

Konjunktur Japan. Die japanische Wirtschaft ist im zweiten Quartal langsamer gewachsen als zunächst angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt stieg von April bis Juni auf das Jahr hochgerechnet um 2,9 Prozent. Das liegt unter der ursprünglichen Schätzung von 3,1 Prozent und unter den Prognosen der Ökonomen, die ein Wachstum von 3,2 Prozent erwartet hatten. [Quelle: Cabinet Office of Japan

Chinas Automarkt. In China gingen im August die verkauften Autos um 1,1 Prozent auf 1,92 Mio. Fahrzeuge zurück – es ist das fünfte Minus in Folge. Erstmals wurden dabei mehr E-Autos als Verbrenner verkauft. Der Anteil von E-Autos inkl. Plug-In-Hybride lag bei 53,5 Prozent. [Quelle: Medienberichte]   

Selektive Agenda:

11 Uhr, Wien: Die OECD präsentiert die Ergebnisse der heurigen Bildungsstandards-Erhebung „Bildung auf einen Blick 2024“.

15:40 Uhr, Wien: Parlamentspräsident Sobotka empfängt den israelischem Parlamentspräsidenten Ohana im Parlament und lädt anschließend zur Antisemitismus-Konferenz „Never again? Democracy cannot tolerate antisemitism.“ ins Parlament u.a. mit dem Antisemitismusbeauftragten der Europäischen Kommission, von Schnurbein, Generaldirektor von UN-Watch, Neuer, Schwarz-Friesel (TU Berlin).

Ganztägig, Budapest: Informeller EU-Agrar- und Fischereirat (letzter Tag).

Selektives Networking:

Jobwechsel und Karriereschritte: Martin Fehrmann ist mit September zum gewerberechtlichen Geschäftsführer von Randstad Österreich ernannt worden.

Geburtstage: Wir gratulieren Harald Krassnitzer und Andreas Herzog zum Geburtstag.

Sehen & gesehen werden:

Heute, 16:30 Uhr, Wien: Feierliche Eröffnung der neuen Räumlichkeiten des Tschechischen Zentrums Wien. [invite only]

Heute, ab 17 Uhr, Wien: Eröffnung Ausstellung „Erste Bank Kunstpreisträgerin 2024 Christiana Perschon – Spending Time, Holding Space“. [Info]

Heute, 18 Uhr, Wien: Die Amerikanische Handelskammer in Österreich (AmCham) lädt zu einem Barbecue ins Hilton Waterfront, u.a. mit US-Botschafterin Kennedy. [invite only]

Heute, 18 Uhr, Wien: Die Investors Lounge invest.austria lädt zur „Elefantenrunde zur Wahl – Vision 2030 – Wirtschaftswachstum vorantreiben“ u.a. mit Minnich (ÖVP), Stögmüller (Grüne), Doppelbauer (NEOS), Kassegger (FPÖ), Krainer (SPÖ). [Info]

Heute, 18:30, Wien: 30-Jahr-Jubiläum von Horváth in Österreich in der Libelle im Wiener Museumsquartier. [invite only]