Zinsen auf dem Weg nach unten

7. Oktober 2024Lesezeit: 3 Min.
Kommentar von Monika Rosen

Monika Rosen war mehr als 20 Jahre Chefanalystin einer heimischen Großbank. In ihrer aktuellen Funktion als Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft ist sie weiterhin gefragte Spezialistin zu allen Themen rund um den Finanzmarkt.

Die Zinsen sind auf dem Weg nach unten, sowohl in der Eurozone als auch in den USA. So viel steht fest. Allerdings drehen sich die Diskussionen im Markt nun um die Frage, welche Notenbank wie schnell und in welchem Ausmaß senkt. Dazu gab es zuletzt ein paar überraschende Datensätze.

In den USA fielen die Arbeitsmarktdaten für September deutlich robuster aus als erwartet. Die Anzahl der neu geschaffenen Stellen landete bei 254.000, gegenüber einer Schätzung von 150.000. Auch die Arbeitslosigkeit kam mit 4,1 Prozent besser herein als befürchtet (4,2 Prozent). Das heißt für die Märkte derzeit nur eines: Die Wahrscheinlichkeit für eine zweite Zinssenkung der US-Notenbank im Ausmaß von 50 Basispunkten ist dramatisch gesunken. Im September hatte die Fed ja erstmals in diesem Zyklus die Zinsen gesenkt, eben um 50 Basispunkte. Man kann schon mutmaßen, dass sie mit 25 Basispunkten das Auslangen gefunden hätte, wenn sie gewusst hätte, in welch starker Verfassung der US-Arbeitsmarkt ist. Jedenfalls geben sich die Erwartungen für die restlichen beiden Fed-Sitzungen im heurigen Jahr jetzt mit einer Senkung um jeweils 25 Basispunkte zufrieden.

In der Eurozone kam die Inflation im September erstmals seit April 2021 unter der Schwelle von 2 Prozent, nämlich bei 1,8 Prozent, herein. Und nicht nur das, auch in Österreich lag die Teuerung im September bei 1,8 Prozent und damit nicht mehr über dem Durchschnitt der Eurozone. Nach Jahren mit hohen Inflationsraten zeigen die Zinsanhebungen der EZB offenbar Wirkung. Heuer gab es bereits zwei Senkungen im Ausmaß von je 25 Basispunkten, nämlich im Juni und im September. Durch die erfreulichen Nachrichten von der Inflation sind jetzt die Erwartungen gestiegen, dass es bis Jahresende nicht nur eine, sondern zwei weitere Zinssenkungen zu je 25 Basispunkten geben könnte. Am 17. Oktober findet die nächste EZB-Sitzung statt, der Markt erwartet bei dieser Gelegenheit den nächsten Zinsschritt mit einer Wahrscheinlichkeit von satten 85 Prozent.

Interessant sind in diesem Zusammenhang noch zwei Faktoren: einerseits die Tatsache, dass die EZB eine Rückkehr zum Zielwert von 2 Prozent bei der Inflation erst für Ende 2025 in Aussicht genommen hatte. Offenbar wurden die Notenbanker selbst also vom raschen Rückgang der Teuerung überrascht. Und zweitens gilt es jetzt natürlich, den Ölpreis im Auge zu behalten. Die Entspannung der Inflation ging zuletzt auch stark auf das Konto gesunkener Energiepreise. Mit der Eskalation der Gewalt im Mittleren Osten legte der Ölpreis vorige Woche um rund 9 Prozent zu. Sollten hier weitere Anstiege erfolgen, etwa weil Israel die Ölförderanlagen des Iran angreift, dann könnte es mit dem Rückgang der Inflation schneller vorbei sein, als uns allen lieb ist.