Die Lehren aus der Kärntner Windkraftabstimmung

15. Januar 2025Lesezeit: 4 Min.
Kommentar von Elisabeth Zehetner

Elisabeth Zehetner setzt sich seit mehr als 20 Jahren für innovative Initiativen, junge Unternehmer:innen, Gründer:innen und Frauen in der Wirtschaft ein. Derzeit ist sie Geschäftsführerin von oecolution austria, der ersten Organisation in Österreich, die zeigt, dass wirtschaftlicher Erfolg und Wohlstand die besten Voraussetzungen für wirksamen Klimaschutz sind. 2024 erschien im ecowing-Verlag ihr erstes Buch „Im Namen des Klimas“.

Bereits die Fragestellung der Volksbefragung in Kärnten „Soll zum Schutz der Kärntner Natur (einschließlich des Landschaftsbildes) die Errichtung weiterer Windkraftanlagen verboten werden?“, bei der sich am Sonntag eine knappe Mehrheit für ein Verbot neuer Windräder ausgesprochen hat, war absichtlich „windschief“ formuliert. Sie rückte die möglichen Nachteile der Windkraft in den Vordergrund und blendete die vielfältigen Vorteile für Klimaschutz und Versorgungssicherheit aus. Mit 51,55 Prozent Ja-Stimmen fiel das Ergebnis denkbar knapp aus, wobei nur 34,88 Prozent der Stimmberechtigten ihre Stimme abgaben. Besonders bemerkenswert: Viele Befürworter des Verbots stammen aus Regionen, in denen gar keine Windräder geplant sind. Die Volksbefragung in Kärnten legt aber auch ein grundlegendes Dilemma offen: Den scheinbar unauflösbaren Konflikt zwischen Natur- und Klimaschutz. Doch dieser Gegensatz ist nicht nur irreführend, sondern gefährlich für den Erfolg der notwendigen Energiewende.

Fakt ist: Die Windkraft ist und bleibt ein zentraler Baustein der Energiewende. In Österreich trägt sie bereits rund 16 Prozent zur Stromversorgung bei und hat am just am 12. Jänner, dem Tag der Abstimmung, mit 81,28 Gigawattstunden Tagesproduktion einen neuen Rekord aufgestellt. Windenergie ist nicht nur eine der günstigsten und saubersten Energiequellen, sondern auch essenziell, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und ausländischen Energieimporten zu reduzieren. Gerade im Winter, wenn die Photovoltaik und die Wasserkraft an ihre Grenzen stoßen, könnten Windräder eine entscheidende Rolle spielen. Jede zusätzliche Windkraftanlage stärkt unsere Versorgungssicherheit und reduziert Abhängigkeiten von volatilen internationalen Märkten.

Während vielerorts Turbinen Richtung Energiewende und Zukunft rotieren, gibt es bei uns heftigen Gegenwind, wie das aktuelle Ergebnis der Befragung in Kärnten zeigt. Diese ist zwar rechtlich nicht bindend, hat jedoch bereits jetzt Schaden angerichtet. Statt einer sachlichen Diskussion über die Zukunft der Energieversorgung in Kärnten wurde die Debatte emotionalisiert und polarisiert. Die FPÖ und der Alpenverein setzten auf Ängste der Bevölkerung und stellten Windräder als Bedrohung für das Landschaftsbild dar. Gleichzeitig hat die Landesregierung, die lediglich 0,26 Prozent der Landesfläche für Windkraft vorgesehen hat, die Chance verpasst, aktiv für ihr Zonierungskonzept zu werben und über die Vorteile der Windenergie aufzuklären.

Ein intelligenter Energiemix aus Windkraft, Photovoltaik und anderen erneuerbaren Energien bietet die beste Lösung für ein stabiles Stromnetz. Besonders in Österreich gibt es noch zahlreiche Regionen, die über ungenutzte Windpotenziale verfügen.

Für die Zukunft sollten wir daraus lernen: Klimaschutz und Naturschutz dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Es braucht kluge Konzepte, die beide Ziele miteinander verbinden. Dazu gehört auch eine offene Kommunikation, die die Bevölkerung einbindet und aufklärt. Windkraftanlagen sind nicht perfekt, aber sie sind unverzichtbar, um eine nachhaltige und unabhängige Energiezukunft zu sichern. Das Ergebnis der Volksbefragung sollte daher als Weckruf verstanden werden. Wir können uns keinen Rückschritt in der Energiepolitik leisten. Es ist Zeit für mutige Entscheidungen, die nicht nur den aktuellen Generationen, sondern auch den nachfolgenden eine lebenswerte Zukunft ermöglichen.

Die Frage ist nicht, ob Windräder das Landschaftsbild verändern – das tun Stromleitungen, Autobahnen und Zugtrassen auch und viel stärker –, sondern ob wir bereit sind, Verantwortung für eine nachhaltige und sichere Energiezukunft zu übernehmen. Die wiederum schützt auch unsere Natur- und Kulturlandschaften nachhaltig. Wir brauchen Lösungen, die Natur und Klima verbinden, und eine offene, sachliche Debatte darüber. Sie kann deutlich machen, dass auch Erneuerbare Energien nicht aus der Steckdose kommen – aber immerhin aus der Luft. Und wenn der Wind in einer solchen Debatte rauer wird, muss das kein Nachteil sein: Er treibt die Windkraft und ihre Weiterentwicklung schließlich an.