Wie sollen wir das nur finanzieren?

3. Juni 2024Lesezeit: 2 Min.
Sara Grasel Illustration
Kommentar von Sara Grasel

Sara Grasel ist Chefredakteurin von Selektiv. Sie ist seit fast 20 Jahren Wirtschaftsjournalistin mit Stationen bei „Die Presse“, Trending Topics und brutkasten. Zuletzt war sie Chefredakteurin der Magazine der Industriellenvereinigung.

Schnell wachsende und oft hoch innovative Unternehmen sitzen nach wie vor häufiger in den USA als in Europa. Das hat einen vergleichsweise simplen Grund: Sie bekommen dort nämlich leichter das notwendige Geld für Investments, die für schnelles Wachstum nun einmal notwendig sind. Warum das so ist, ist allerdings nicht ganz so einfach beantwortet, wie der schulterzuckende Hinweis auf eine höhere Risikobereitschaft in den USA, den man oft als Erklärung hört. Unternehmen in Europa holen sich eher Geld in Form von Bankkrediten, während sich Unternehmen in den USA Geld von Investoren besorgen – sei es über Börsengänge oder Risikokapitalgeber. Auf der einen Seite also Kreditraten, die in guten und schlechten Zeiten fällig sind und auf der anderen Seite eine Beteiligung, die bei Gewinnen und Verlusten gilt.

Ein weiterer Haken des Hangs zur Kreditfinanzierung in Europa: Kredite bekommt halt eben nicht jeder und wenn das Risiko zu hoch scheint, lehnen Banken vielleicht lieber ab. Gerade KMU und Startups kennen das Problem gut. Europa lässt also einen guten Teil Wirtschaftswachstum liegen, weil Banken das Risiko zu hoch ist und andere Finanzierungsformen zu schwach ausgeprägt. Ein starker europäischer Kapitalmarkt würde helfen, der fehlt aber. Europa ist nach wie vor ein Flickenteppich aus Regeln für den Kapitalmarktzugang, Steuern und Insolvenzrecht. Absurderweise ist eine Finanzierung über Fremdkapital, also Schulden, günstiger als über Eigenkapital, das steuerlich diskriminiert wird.

Wir brauchen in den kommenden Jahren eine Menge Geld, alleine schon um den Ausbau erneuerbarer Energien zu finanzieren. Das Geld wäre da, große institutionelle Anleger wie Pensionsfonds stecken es aber anders als in den USA lieber nicht in Risikokapitalfonds und die Fragmentierung des Kapitalmarkts erschwert auch eine Finanzierung über die Börse. Das zu ändern würde uns wesentlich weiter bringen als Herausforderungen mit öffentlichen Geldern zuzuschütten. Der Staat ist kein guter Investor – stattdessen sollte er dem Markt die Freiheit geben, Geld dorthin zu lenken, wo es den größtmöglichen Nutzen stiftet. Das Ergebnis wäre ein BIP-Wachstum, das über Steuern wiederum auch für mehr Spielraum für die notwendigen Ausgaben des Gemeinwesens sorgt: Bildung, Gesundheit, soziale Sicherheit, Infrastruktur.

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