Wider die klassenkämpferische Unkultur des Gegeneinander

24. Dezember 2024Lesezeit: 3 Min.
Kommentar von Elisabeth Zehetner

Elisabeth Zehetner setzt sich seit mehr als 20 Jahren für innovative Initiativen, junge Unternehmer:innen, Gründer:innen und Frauen in der Wirtschaft ein. Derzeit ist sie Geschäftsführerin von oecolution austria, der ersten Organisation in Österreich, die zeigt, dass wirtschaftlicher Erfolg und Wohlstand die besten Voraussetzungen für wirksamen Klimaschutz sind. 2024 erschien im ecowing-Verlag ihr erstes Buch „Im Namen des Klimas“.

In diesen Tagen voller wirtschaftlicher Hiobsbotschaften und Kündigungen vor Weihnachten trifft ein offener Brief von ProGe-Chef Reinhold Binder zweifellos einen Nerv. Er kritisiert darin den „letztklassigen Umgang einiger Unternehmen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, darunter „Geschäftsführungen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem Verlust des Arbeitsplatzes bedrohen, wenn diese nicht freiwillig auf einen Teil ihres Lohnes verzichten“ oder „Eigentümer und Manager, die Millionen an Förderungen aus Steuertöpfen lukriert haben, Millionengagen, Bonis und Dividenden einstreichen, und trotzdem bereits versprochene Löhne und Gehälter nicht ausbezahlen.“ Binder hat Recht, dass einzelne den kurzfristigen Profit über alles stellen. Doch populistisches Unternehmer-Bashing wäre der falsche Weg. Denn der Alltag unserer Wirtschaftskultur ist ein anderer. Unsere Wirtschaftskultur ist eine Kultur des Miteinander – und nicht eine klassenkämpferische Unkultur des Gegeneinander.

Pauschale Vorwürfe, dass Unternehmer ausschließlich Gewinne abschöpfen und Risiken auf andere abwälzen, sind einseitig. Denken wir an jene ehrbaren Kaufleute, Handwerker, Dienstleister und Produzenten, die jeden Tag kämpfen, um Arbeitsplätze in ihrer Region zu sichern. Viele Betriebsinhaber investieren nicht nur Herzblut, Schweiß und Tränen, sondern ihr eigenes Kapital, um ihre Betriebe durch schwierige Zeiten zu führen. Entscheidungen, wie Lohnkürzungen oder Restrukturierungen, werden nie leichtfertig getroffen – oft sind sie schmerzhafte Maßnahmen, um das Überleben des Unternehmens und damit die verbleibenden Arbeitsplätze zu sichern.
Gerade in Tagen wie diesen kämpfen viele mit steigenden Abgaben, explodierenden Energiekosten und einer überbordenden Bürokratie, die ihnen das wirtschaftliche Überleben erschwert. Angesichts solcher Rahmenbedingungen ist es schwer, soziale Verantwortung im gewünschten Maße zu leben.

Hier liegt der Kern des Problems: Statt Unternehmen und Arbeitnehmende gegeneinander auszuspielen, sollten wir uns die Frage stellen, wie wir gemeinsam eine Erfolgsbasis schaffen können, die beiden Seiten hilft. Bürokratische Hürden und hohe Steuerlasten rauben nicht nur den Betrieben Handlungsspielraum, sondern drücken auch auf die Netto-Löhne der Mitarbeitenden.
Gerade in einer Phase der Budgetkonsolidierung und angesichts konjunktureller Herausforderungen müssen wir gemeinsam daran arbeiten, wirtschaftliche Frei- und Handlungsspielräume zu schaffen – durch weniger Abgaben und weniger Bürokratie. Nur so können wir eine Wirtschaft fördern, die für alle Beteiligten, Unternehmen wie Mitarbeitende, eine faire und nachhaltige Perspektive bietet.

Unternehmen brauchen Raum für Innovation und Stabilität, während Mitarbeitende faire Bedingungen und Wertschätzung für ihre Arbeit verdienen. Diesen Raum muss eine neue Regierung schaffen, indem sie die wirtschaftliche Dynamik anreizt, Reformen anpackt und dabei ebenso verbindend wie verbindlich agiert.

Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie die Stärkung der Demokratie, Klimawandel und die demographische Entwicklung können wir nur gemeinsam lösen. Vor allem aber muss gelten: Leistung muss sich lohnen. Binder schreibt in seinem offenen Brief zurecht, dass es nicht zuletzt auch „um Respekt und den Wert der Arbeit geht“. Genau diesen Wert und die Wertschätzung für (mehr) Arbeit müssen wir gemeinsam stärken. Indem wir Bürokratie abbauen, Steuern senken und dafür sorgen, dass sich echte Leistung ohne Wenn und Aber lohnt – für Unternehmerinnen und Unternehmer wie für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.