Wichtige Reformen? Sorry, keine Zeit…

27. Mai 2024Lesezeit: 3 Min.
Sara Grasel Illustration
Kommentar von Sara Grasel

Sara Grasel ist Chefredakteurin von Selektiv. Sie ist seit fast 20 Jahren Wirtschaftsjournalistin mit Stationen bei „Die Presse“, Trending Topics und brutkasten. Zuletzt war sie Chefredakteurin der Magazine der Industriellenvereinigung.

Es gibt ja einige zielsichere Methoden, sich die Gunst der Wähler zu holen – die meisten davon sind leider populistisch, zu kurz gedacht und opportunistisch. Für sinnvolle Reformen ist die Zeit des Wahlkampfes nicht geschaffen. Eine Pensionsreform erwartet ohnehin niemand, aber die Regierung hat nun auch sehr deutlich gemacht: In den Monaten (!) bis zum Ende der Legislaturperiode wird sich leider nicht einmal eine Reform der Bildungskarenz ausgehen. Nicht einmal Verhandlungen dazu. Zur Erinnerung: Kürzlich gab es viel Aufregung rund um die Bildungskarenz, weil der Rechnungshof bestätigte, was eh alle wissen. Nämlich, dass die Bildungskarenz meist von ohnehin hoch gebildeten Menschen für eine Auszeit auf Kosten der Allgemeinheit oder zur Verlängerung der Babykarenz genutzt wird. Natürlich will man das im Wahlkampf niemandem wegnehmen. Ist das vielleicht einer der Vorboten für die nahende Zeit der teuren Wahlgeschenke?

Dabei ist die Tinte auf dem Papier der jüngsten Warnung des Fiskalrats noch nicht getrocknet. Erst im April rechnete dieser vor: Die Wahlzuckerl der vergangenen Jahre schlagen sich allein heuer mit vier Milliarden Euro Mehrkosten im Budget nieder. Der Wahlkampf 2019 ist natürlich stärker spürbar, als solche die länger zurückliegen und schlägt mit rund 2,2 Milliarden Euro zu Buche – aber selbst die Wahlzuckerl des Jahres 2008 wirken sich nach wie vor aus. Ein interessantes Detail aus der Statistik: 2013 war das einzige Wahljahr im Betrachtungszeitraum, in dem die Koalition bis zuletzt gehalten hatte und ist gleichzeitig das Jahr, aus dem die Wahlzuckerl die geringsten finanziellen Auswirkungen im Jahr 2024 haben. 2013 war es übrigens die „Reform“ des Pendlerpauschales, die den Wählern den Wahltag versüßen sollte. Klingt kompliziert, schürt aber doch die Hoffnung, dass auch heuer bei Wahlgeschenken nicht über die Stränge geschlagen wird. Zum Beispiel mit einer Erhöhung des Klimabonus, wie unlängst erfolgt.

Das Budgetdefizit lag schon 2023 nur knapp unter der Drei-Prozent-Grenze der Maastricht-Kriterien und für 2024 wird eine Staatsverschuldung erwartet, die diese Grenze durchbricht, wie jüngst der Fiskalrat vorrechnete. Das Budgetdefizit gibt an, wie viel Bund, Länder und Gemeinden im Jahr der Betrachtung mehr ausgegeben als eingenommen und dafür neue Schulden aufgenommen haben – in Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Bewältigung der aktuellen Krisen war und ist teuer. Das mag an vielen Stellen gerechtfertigt gewesen sein – für Wahlzuckerl bleibt nun aber wirklich kein Spielraum mehr. In dem sparsamen Wahlzuckerl-Jahr 2013 lag die Verschuldung übrigens bei zwei Prozent und 2019, als die Wahlkämpfer offenbar besonders spendabel waren, gab es sogar einen kleinen Überschuss von 0,6 Prozent.

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