Ohne Risikobereitschaft kein Wohlstand

17. Juli 2024Lesezeit: 3 Min.
Kommentar von Laura Raggl

Laura Raggl ist Managing Partner von ROI Ventures, einer Angel-Investorengruppe, die sich auf Startups in der Frühphase fokussiert. Davor war sie Geschäftsführerin der Austrian Angel Investors Association (aaia). Nach dem Studium in Innsbruck war sie  bei dem Deep-Tech-VC-Fonds APEX Ventures tätig. Raggl ist außerdem Mitglied des Startup-Rats, der das Wirtschaftsministerium berät. 

Risiko assoziieren viele Österreicher und Österreicherinnen mit Unbehagen. Unser Credo lautet: Sicherheit bedeutet Wohlstand. Doch gibt es Sicherheit in der Wirtschaft überhaupt?

Selbst bei österreichischen Blue Chips wie Erste Bank oder Verbund glich der Kursverlauf in den letzten Jahren eher einer Achterbahnfahrt als einer Autobahn. Ereignisse wie Pandemien und Kriege haben die Illusion von Sicherheit zerschlagen.

Langfristiges Wirtschaftswachstum braucht Innovationen. Diese schaffen Arbeitsplätze und beleben die Wirtschaft. Die OECD betont in ihrem aktuellen Wirtschaftsbericht zu Österreich die Bedeutung von Innovationen und neuen Technologien für das Produktivitätswachstum.

Die Rolle von Eigen- und Fremdkapital

Innovation und somit Wirtschaftswachstum erfordern das Eingehen von Risiken, was unter anderem die Frage aufwirft: Wie wird dies finanziert? 

Hier setzen österreichische Unternehmen überdurchschnittlich stark auf Fremdkapital als Finanzierungsquelle. Dabei gibt es nur einen kleinen Haken: Fremdkapital ist sicherheitsorientiert, Eigenkapital hingegen wachstumsorientiert. Der Fremdkapitalgeber möchte sein Geld einschließlich Zinsen langfristig zurückerhalten und der Eigenkapitalgeber möchte Gewinne erwirtschaften. 

Mit Eigenkapital können Unternehmen ihren Umsatz steigern und entscheidende Innovationen vorantreiben. Das wirkt sich positiv auf den Unternehmenswert und die Rendite der Kapitalgeber aus. Ein Gewinn für beide Seiten, auch für private Anleger.

Seit dem Zeitalter von Neo-Brokern und ETFs ist es einfacher denn je, in Aktien zu investieren. Dennoch besitzen laut Aktienforum nur knapp 25 Prozent der österreichischen Bevölkerung Aktien, während 40 Prozent des Privatvermögens auf Sparbüchern an Wert verliert.

Immobilien als bevorzugte Anlage

Rund 48 Prozent aller Österreicher und Österreicherinnen leben in Eigenheimen (Statista Miet- und Eigentumsquote 2023). Das gesamte Vermögen in ein illiquides Eigenheim zu stecken und jahrzehntelang Kredite abzuzahlen, ist in Österreich die gängige Praxis.

Von Diversifikation möchte ich an dieser Stelle gar nicht erst anfangen. Und das Thema Pensionsvorsorge wird uns in Zukunft noch stark beschäftigen.

Mangel an Risikokapital hemmt Innovation

Venture Capital ist für besonders innovative Unternehmen eine unverzichtbare Alternative zur klassischen Fremdfinanzierung. Es ermöglicht, hohe Risiken einzugehen und neue Geschäftsfelder auszuprobieren, ohne gleichzeitig eine hohe Verschuldung zu riskieren. 

In Österreich bietet der Staat dem privaten Sektor erhebliche steuerliche und finanzielle Anreize für Innovationen und fast die Hälfte der innovativen Unternehmen nutzt diese Förderungen. Trotzdem ist der Mangel an Risikokapital, einschließlich Venture Capital und Business Angels, ein Haupthindernis für die Innovationskraft, wie auch die OECD betont.

Ohne Risikobereitschaft also kein Wohlstand.

Dachfonds als wirksame Maßnahme

Grundsätzlich wären in Österreich alle notwendigen Instrumente für Innovation und damit Wohlstand bereits vorhanden. Der Staat investiert bereits überdurchschnittlich in Innovation, es mangelt aber derzeit an der ausreichenden Bereitstellung von privatem Risikokapital, obwohl Österreich zu den reichsten Ländern Europas zählt.

Der verstärkte Einsatz von staatlich geförderten „Dachfonds“ wird von der OECD als wirksame Maßnahme hervorgehoben. Diese Fonds unterstützen Finanzierungen, z.B. in Form von Darlehen oder Garantien, und übernehmen Beteiligungen, um Investitionen des privaten Sektors zu stimulieren, wobei sie sich in der Regel auf Start-ups und KMU konzentrieren. 

Die Forderung nach solchen Maßnahmen ist nicht neu, sie wurde zuletzt im Positionspapier Vision 2030 von Interessenvertretern der Startup- und Investoren Szene unterstrichen.

Warum setzen wir staatliches Kapital nicht gezielter ein, um privates Kapital zu hebeln und so den Wohlstand langfristig zu sichern?

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