Mehr Nonsens als Konsens bei den Regierungsverhandlungen?
Alexander Purger ist Redakteur der Salzburger Nachrichten und schreibt die satirische Kolumne „Purgertorium“. Er ist Autor mehrerer Bücher, darunter der Kanzlerbiografie „Wolfgang Schüssel – Offengelegt“.
Das Nonseum ist ein Museum in Niederösterreich, in dem der „Verein zur Verwertung von Gedankenüberschüssen“ hunderte Exponate aus dem Bereich Gehobener Unsinn zeigt. Halbautomatische Nasenbohrer zum Beispiel. Böse Zungen behaupten, man hätte gar kein eigenes Museumsgebäude dafür errichten müssen, man hätte einfach ganz Österreich überdachen können. Ob das übertrieben ist?
Man denke daran, dass wir eine CO2-Steuer eingeführt haben, um den Leuten das Autofahren zu vergällen, gleichzeitig aber einen Klimabonus ausschütten, der die gedachte Lenkungsabgabe um mehrere Milliarden Euro überkompensiert. Oder daran, dass wir ein kostengünstiges Klimaticket eingeführt haben, damit die Leute mehr mit der Bahn fahren, dass den Bahnreisenden aber seither mitunter trotz gültigem Fahrschein das Einsteigen untersagt wird, weil die Züge zu voll (und zu kurz) sind.
Oder man denke an die Stadt Wien. Wenn sie drei armselige Baumkarikaturen auf einen Innenstadtplatz pflanzt, lässt sie sich als Green City feiern, und betoniert gleichzeitig die letzten grünen Baulücken zu. Was aber kein Wiener Spezifikum ist. Einerseits warnen wir vor der Bodenversiegelung, andererseits heben wir Strafsteuern für nicht genutztes Bauland ein. Apropos: Das Nonseum braucht dringend einen Erweiterungsbau!
Die aktuellen Regierungsverhandlungen hätten sich dort einen Extrasaal verdient. Einerseits haben wir einen Spitzensteuersatz von 55 Prozent, andererseits hören wir, dass die Reichen endlich einen gerechten Beitrag zum Sozialstaat leisten sollen. Einerseits wissen wir, dass die Wirtschaft bei den Lohnkosten nicht mehr konkurrenzfähig ist, andererseits heißt es, die Lohnnebenkosten könnten unmöglich gesenkt werden. Einerseits stemmt sich der Staat mannhaft gegen die hohen Wohnkosten, andererseits will er die Grundsteuer erhöhen. Einerseits sagen alle, dass gespart werden muss, andererseits fordern alle mehr Geld.
Einerseits galoppieren die Gesundheitskosten davon, andererseits will jeder ein AKH vor der Haustür stehen haben. Einerseits wird das Milliardenloch bei der Pensionsfinanzierung immer schauderhafter, andererseits steht das Wort Pensionsreform auf dem innenpolitischen Index. Einerseits will man den Erfahrungsschatz der Älteren nutzen, andererseits müssen Pensionisten, die weiterarbeiten, zur Strafe gleich noch einmal Pensionsversicherung zahlen. Einerseits soll der Leistungswille gesteigert werden, andererseits redet man von noch höheren Steuern. Einerseits ist die Weltlage so gefährlich wie seit Jahrzehnten nicht, andererseits wird überlegt, ob man das eben zaghaft erhöhte Verteidigungsbudget nicht wieder senken könnte. Einerseits zeigt sich, dass die Wähler immer mehr zu Wachs in den Händen der Populisten werden, andererseits wird ernsthaft darüber nachgedacht, ob man vielleicht mehr Volksentscheide einführen sollte.
Und so weiter und so fort. Halbautomatische Nasenbohrer, wohin man schaut. Das Nonseum scheint zahllose Außenstellen zu haben. Oder ist die hohe Politik total vernünftig unterwegs und wir verstehen sie nur nicht? Ja, das muss es sein: Die Politik ist zu hoch für uns. Denken wir nicht drüber nach…