Leiser Abschied vom Klimaticket

22. November 2024Lesezeit: 3 Min.
Sara Grasel Illustration
Kommentar von Sara Grasel

Sara Grasel ist Chefredakteurin von Selektiv. Sie ist seit fast 20 Jahren Wirtschaftsjournalistin mit Stationen bei „Die Presse“, Trending Topics und brutkasten. Zuletzt war sie Chefredakteurin der Magazine der Industriellenvereinigung.

Fragt man Ökonomen nach ausgabenseitigem Sparpotenzial zur Sanierung des stark angeschlagenen Budgets in Österreich, gehört der Klimabonus beinahe schon zu den Fixstartern. Das Aus des herbstlichen Geldgeschenks ist vermutlich auch gar nicht so schwer zu verkaufen, gilt der Klimabonus doch schon fast als Sinnbild einer Gießkannenmaßnahme ohne Treffsicherheit. 

Anders sieht es da beim Klimaticket aus, das als Erfolgsgeschichte wahrgenommen wird und – mal ehrlich – ein für ziemlich viele finanzierbares Universalticket für den öffentlichen Verkehr in Österreich ist schon traumhaft. Kein mühsamer Ticketkauf zu mal höheren und mal niedrigeren (Sparschiene) Tarifen mehr, einfach einsteigen und das schöne Land erkunden. Dass auch dieser Traum so seine Tücken hat, passt natürlich nur schwer in dieses romantische Bild scheinbar grenzenloser und umweltfreundlicher Mobilität für alle. Einerseits klagen Klimaticket-Besitzer gerne und nicht ganz unbegründet über den von ihnen mitverursachten Qualitätsverlust überregionaler Öffis – Stichwort überfüllte Züge und stundenlanges Stehen. 

Es gibt aber noch ein anderes Problem mit dem Klimaticket. Es verursacht im Bund laut EcoAustria-Chefin Monika Köppl-Turyna exorbitante Kosten von derzeit 545 Millionen Euro pro Jahr. Das zahlt nicht irgendjemand oder irgendwer. Der Staat hat kein „eigenes Geld“. Es ist das Geld jener Menschen, die Steuern zahlen. Es ist Ihr Geld. Eine halbe Milliarde Euro jährlich für „all you can travel“ für alle. War die Abschaffung der Kalten Progression der größte wirtschaftspolitische Move der scheidenden Regierung im Sinne der Steuerzahler, so dürfte das Klimaticket wohl am anderen Ende der Skala anzusiedeln sein. 

Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, bezeichnete das Klimaticket unlängst bei einem Hintergrundgespräch als eine der teuersten Klimasubventionen. Noch wird eher hinter vorgehaltener Hand über eine Abschaffung geredet, aber ein Blick auf die Besetzung in den Detail-Grüppchen der Regierungsverhandlungen zeigt, dass das beliebte All-Inclusive-Ticket möglicherweise bald Geschichte sein könnte. So wie viele andere Geldgeschenke ohne Lenkungseffekt in diesem Bereich. Eine in der Schweiz eingesetzte Expertengruppe zur Sanierung des Bundesbudgets kam im Herbst übrigens zu einem ähnlichen Ergebnis: Klimasubventionen für Unternehmen und Privathaushalte sind laut dem Bericht oft ineffizient, also verschwenderisch. 

Eine weitere Hauptbotschaft aus dem Schweizer Bericht ist auch gerade in Österreich aktuell: Eine Entlastung des Budgets ist ohne Steuererhöhung möglich und ohne das Sozialsystem tot zu sparen. Bei der Abgabenquote hat sich Österreich für kommendes Jahr wieder in die Top-3 der EU gemausert – an Einnahmen mangelt es also so oder so nicht. Es gäbe aber noch eine verrückte Möglichkeit, die Steuereinnahmen stärker sprudeln zu lassen und zwar: Wirtschaftswachstum. Wenn es der kommenden Regierung gelingt, heimischen Unternehmen den Weg in den Aufschwung zu ebnen, dann verdienen die mehr Geld. Wer mehr Geld verdient, zahlt auch mehr Steuern (entgegen der Meinung mancher Linker). Geld, das wir alle zunächst einmal erwirtschaften müssen und das der Staat nicht sorglos verschenken sollte.