Hohe Energiepreise sind Gift für die Produktivität

3. Dezember 2024Lesezeit: 3 Min.
Kommentar von Elisabeth Zehetner

Elisabeth Zehetner setzt sich seit mehr als 20 Jahren für innovative Initiativen, junge Unternehmer:innen, Gründer:innen und Frauen in der Wirtschaft ein. Derzeit ist sie Geschäftsführerin von oecolution austria, der ersten Organisation in Österreich, die zeigt, dass wirtschaftlicher Erfolg und Wohlstand die besten Voraussetzungen für wirksamen Klimaschutz sind. 2024 erschien im ecowing-Verlag ihr erstes Buch „Im Namen des Klimas“.

Österreich braucht einen nationalen Schulterschluss in der Energiepolitik. Die steigenden Energiepreise schnüren Österreichs Wirtschaft die Luft ab. Die jüngste Insolvenzwelle in der Industrie steht symbolisch für die großen Herausforderungen. Explodierende Energiekosten, sinkende Wettbewerbsfähigkeit und eine Produktivität, die mit unter 0,5 Prozent pro Jahr auf ein historisches Tief gefallen ist, machen Betrieben und Standort schwer zu schaffen. 

Die Situation ist alarmierend – und die energiepolitische Ausrichtung der vergangenen Jahre verschärft die Krise zusätzlich. Unter dem Primat der Klimapolitik wurde Energie als Belastung behandelt, anstatt als Treibstoff für Wachstum. Einseitige Maßnahmen wie die Förderung der Elektromobilität und unsystematische Klimabonus-Zahlungen zeigen wenig Weitblick.

Ökonomen wie Christoph Badelt warnen: Österreich steht am Scheideweg. Steigende Arbeitskosten, Inflation und hohe Energiepreise bedrohen Standorte und Arbeitsplätze. Besonders energieintensive Branchen kämpfen ums Überleben. Ohne rasches Gegensteuern drohen Abwanderung und ein Wohlstandsverlust, der auch die Klimaziele gefährdet.

Die Botschaft ist klar: Jetzt geht es darum, dass die politischen Verantwortungsträger rasch und richtig handeln. Konkret heißt das, sofort Maßnahmen einzuleiten, die Energiekosten deutlich reduzieren. Auch ohne neue Regierung muss Österreich Handlungsfähigkeit beweisen: 

– Unsere Unternehmen müssen dauerhaft entlastet werden, indem die Energieabgaben am in der EU zulässigen Mindestniveau beibehalten werden.

– Mit der Verlängerung des Strompreiskostenausgleichsgesetzes 2022 bis 2030 können wir Carbon Leakage verhindern und die heimische Industrie vor Abwanderung schützen.

– Die weiterhin hohen Strompreise dürfen nicht zusätzlich durch Erneuerbaren-Förderungen verschärft werden. Wir brauchen daher die Finanzierung für die Erneuerbaren-Förderung aus Budgetmitteln.

– Die neue Regierung muss die unionsrechtswidrige deutsche Gasspeicherumlage effektiv bekämpfen. Diese Umlage verteuert Gasimporte um bis zu 7 Prozent und belastet Unternehmen unverhältnismäßig.

– Wir brauchen ein Einfrieren der CO2-Bepreisung auf den Wert für 2024 (45 Euro). Damit blieben wir auf dem Wert, mit dem am 1.1.2027 das NEHG in den EU-ETS II übergehen wird und dessen Preis am Anfang bei 45 Euro fixiert ist.

Neben diese dringlichen Maßnahmen sind die Rahmenbedingen für den Ausbau erneuerbarer Energien und notwendiger Infrastruktur vom Windpark über die Freiflächen-PV bis zu Hochspannungsleitungen, Speichern und Speicherkraftwerken so zu gestalten, dass den Ausbau keine langwierige Genehmigungsverfahren behindern. Von einer neuen Regierung ist die schwierige Frage zu beantworten, wie ein schnellerer Netzausbau so finanziert werden kann, dass die Energiekosten langfristig sinken und die Industrie stärken.

Mit diesen Prioritäten für eine vernünftige, zukunftssichernde Energiepolitik ist auch der Appell an alle verantwortlichen politischen Kräfte verbunden, sich in der Energiepolitik – nicht wenige Materien erfordern ja eine Zwei-Drittel-Mehrheit – von Junktimen und anderen „Deals“ zu verabschieden. Österreichs Politik muss bei der Energie an einem Strang und in die richtige Richtung ziehen, damit es für den Standort Österreich und seine Arbeitskräfte nicht dunkel wird. Denn das hätte auch massive Konsequenzen für den Klimaschutz. Nur mit einer starken, leistungsfähigen Wirtschaft können wir die Staatskassen so füllen, dass dringend notwendige Investitionen in Klimaschutz und Klimawandelanpassung finanzierbar sind.