Die Achillesferse von „Made in Austria“

22. Mai 2024Lesezeit: 2 Min.
Sara Grasel Illustration
Kommentar von Sara Grasel

Sara Grasel ist Chefredakteurin von Selektiv. Sie ist seit fast 20 Jahren Wirtschaftsjournalistin mit Stationen bei „Die Presse“, Trending Topics und brutkasten. Zuletzt war sie Chefredakteurin der Magazine der Industriellenvereinigung.

„Viele unserer Kunden wollen oder können sich Österreich nicht mehr leisten“, sagte der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, am Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten. Das ist dann wohl der Realitätscheck eines Sagers der Arbeiterkammer-Sozialstaats-Expertin Sybille Pirklbauer, die tags zuvor der Industrie ausrichtete, dass Österreich ja nicht über die Preise am internationalen Wettbewerb teilnehme. Das ist, verzeihen Sie, ökonomisch eine ziemlich dumme Aussage.

Warum man etwas kauft hängt schließlich von verschiedenen Faktoren ab. Man kann sich zum Beispiel im Supermarkt für die teurere Bio-Wurst entscheiden, weil die Qualität vielleicht höher ist. Wenn die Wurst aber viermal so teuer ist wie eine Wurst, die auch gut schmeckt, wird man sich genau überlegen, wo man zuschlägt. Natürlich stimmt es, dass österreichische (Industrie)-Produkte am Weltmarkt für ihre Qualität geschätzt werden. Wäre der Preis kein relevanter Faktor, würde das aber bedeuten, dass wir die Preise bis ins Reich der Fantasie steigern könnten.

Georg Knill jedenfalls bringt die Folgen der Fehleinschätzung, dass der Preis keine Rolle spiele, auf den Punkt: Unternehmen investieren an anderen Standorten, schaffen dort Arbeitsplätze und produzieren dann dort. Heimische Industrieprodukte hätten sich durch die im internationalen Vergleich hohen Kollektivvertragsabschlüsse, Energiepreise und Lohnnebenkosten verteuert. Das bringt uns zum Kern der Sache. Die Lohnstückkosten sind ein guter Indikator für diese Verteuerung. Es kommt nämlich nicht nur auf die Höhe der Löhne und sonstiger Arbeitskosten an, sondern auch darauf, wie produktiv die Angestellten sind. Entscheidend sind die Lohnstückkosten, die zeigen, wie hoch die Arbeitskosten je produzierte Einheit sind. Österreich hat in den letzten mehr als zehn Jahren hinsichtlich der Lohnstückkosten gegenüber wichtigen Mitbewerbern in der EU an Boden verloren (siehe Grafik). Aus diesem Blickwinkel ist es verständlich, dass die IV, aber auch die WKÖ, mit Nachdruck eine Senkung der Lohnnebenkosten fordert.

Meistgelesene Artikel