China ist eine Gefahr für die Sicherheit Europas

29. November 2024Lesezeit: 4 Min.
Bernhard Seyringer Illustration
Kommentar von Bernhard Seyringer

Bernhard Seyringer ist Politikanalyst. Seine thematischen Schwerpunkte fokussieren „Strategic Foresight“ und „Neue Technologien und Internationale Politik“. Seyringer ist zudem Experte für digitale Geopolitik.

China als wachsendes Sicherheitsrisiko für Europa – das hat nun sogar eine ehemalige Mitarbeiterin des Europäischen Diplomatischen Dienstes richtig erkannt und in einem Interview mit der ARD betont. Daher nimmt dieses zentrale Thema sicher eine Schlüsselstellung bei den Regierungsverhandlungen ein. Oder?

Dass uns China industrie- und technologiepolitisch gerade von hinten aufrollt, scheint niemanden groß zu kümmern. Wir treiben die „grüne digitale Wende“ voran. Das klingt gut. Das hat was mit „Grün“, „KI“ und „Start-Ups“ zu tun. Zumindest der mediale Diskurs suggeriert seit einer Dekade, dass wir atemlos und unermüdlich diesem großen Ziel entgegenstreben. Die Realität sieht völlig anders aus: Wir haben in allen Bereichen „grüner“ Technologien die Führungsposition verloren und demontieren gerade unter Führung des „Green New Deal“ selbstbewusst die europäische Autoindustrie.

Der Abstand zu den globalen Mitbewerbern ist bei allen Schlüsseltechnologien größer geworden und wir verfolgen mit Papieren wie dem „Chips Act“ surreale Ziele, die selbst bei Erfüllung dem Gesamtziel („Technologieunabhängigkeit“) keinen Schritt näherkommen. Es gibt Kulturen, wo eine derartige Bilanz Anlass zu einem gerüttelten Maß an Selbstkritik führen würde. Offenbar nicht in der EU. 

Daher wären zumindest für die zukünftige österreichische Regierung und ihre Rolle in der EU, einige thematische Eckpunkte zu formulieren: 

Außenpolitik

Die Debatte um die Technologieunabhängigkeit Europas bindet Ressourcen und führt genau nach nirgendwo. Österreich sollte sich innerhalb der EU für einen transatlantischen Technologiepakt mit den USA einsetzen, um mit den vielfältigen Bedrohungen (von Cyberangriffen über wirtschaftliche Erpressung, bis hin zu einer staatlich gelenkten Zerstörung der industriellen Basis) aus China besser umgehen zu können. Die Bedeutung für die Zukunft dieses Landes ist gar nicht zu überschätzen. Das ist besonders zu unterstreichen, da die Haltung der potenziellen Vize-Kanzler Partei gegenüber China nicht einhellig als pro-europäisch zu bezeichnen ist.

Wirtschaftspolitik

Österreich hat sich bei der Abstimmung über Importzölle auf chinesische Elektroautos am 4. November der „wir mischen uns da nicht ein“-Positionierung von weiteren elf EU-Mitgliedsstaaten angeschlossen und sich der Stimme enthalten. Diese Positionierung wird wohl auf Dauer nicht durchzuhalten sein: Welche Ausrichtung wird das Land einnehmen? Vielleicht sollte man auch den etwa drei Dutzend Unternehmen, die bei der BYD-Zuliefererkonferenz im Juli anwesend waren, ausrichten, dass es Anlass zu Pessimismus gibt, was lokale Zulieferer für chinesische Unternehmen angeht. Das ist auch der Hintergrund für die Verhandlungen zwischen der italienischen Regierung und dem Elektroauto-Hersteller Dongfeng über einen lokalen Mindestzuliefereranteil von 45 Prozent.

Wissenschafts- und Forschungspolitik

Zwischen 2006 und 2021 haben, einer Analyse der Universität Prag folgend, 284 österreichische Forscherinnen und Forscher an rein von China finanzierten Forschungsprojekten gearbeitet. Davon 58 an der Realisierung des Satellitennavigationssystem BeiDou, 34 für den Bereich „Künstliche Intelligenz“, 103 im Bereich Materialwissenschaften und 97 für Smart Manufacturing /Robotik. Blickt man außerdem in internationale Datenbanken, stellt man fest, dass auch im Jahr 2024 fast jede Universität mit einer der „Seven Sons of National Defence“-Universitäten in China zusammengearbeitet haben. Also Forschung direkt für Pekings Verteidigungsindustrie. Soll das so bleiben? Gibt es dafür eine Strategie?

Klimapolitik

Ist das Vorantreiben einer Klimapolitik, die vollständig in die Hände Chinas spielt, sich negativ auf die Menschen und die Industrie dieses Landes auswirkt, aber dem Klima egal ist, weiterhin prioritäres Ziel? Das darf man in einer Demokratie alles wollen. Aber es sollte zumindest die Verantwortung übernommen werden, es auch so festzuhalten. 

Übrigens hat ein chinesisches Schiff gerade die Unterwasser-Dateninfrastruktur eines NATO-Staates angegriffen und liegt aktuell unter Bewachung der dänischen, schwedischen und deutschen Marine. Nehmen wir das zur Kenntnis? Oder sind wir einfach froh, dass wir nicht bei der NATO sind?