Wohin mit dem Geld? von Monika Rosen

Bremsmanöver an der Wall Street

9. September 2024Lesezeit: 3 Min.
Kommentar von Monika Rosen

Monika Rosen war mehr als 20 Jahre Chefanalystin einer heimischen Großbank. In ihrer aktuellen Funktion als Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft ist sie weiterhin gefragte Spezialistin zu allen Themen rund um den Finanzmarkt.

Der September gilt als problematischer Monat für die Wall Street – und damit für die Aktienmärkte weltweit, gibt die New Yorker Börse doch die Taktzahl für die anderen Handelsplätze (also auch Wien) vor. Im langfristigen Vergleich (seit dem 2. Weltkrieg) verliert der breite US Leitindex S&P 500 im September durchschnittlich 1,2 Prozent und verbucht damit das schwächste der zwölf Monatsergebnisse. Aber auch ohne Blick auf die Statistik erschließt sich schnell, dass zu Herbstbeginn an der Börse nicht nur die Blätter fallen. Lehman ging im September 2008 Pleite und löste eine Finanzkrise aus. Und auch die Anschläge vom 11. September führten zu einer Talfahrt der Kurse.

Auch heuer startete der Herbst nicht gerade berauschend für die Börsianer. Die erste Septemberwoche brachte für den S&P 500 den stärksten Rückgang seit eineinhalb Jahren. Einerseits kommen immer stärkere Befürchtungen auf, wonach die US Konjunktur in schlechterer Verfassung sein könnte als bislang angenommen. Für Sorgenfalten sorgen vor allem Daten vom Arbeitsmarkt, die in den letzten Monaten unter den Erwartungen hereinkamen. Das wiederum führt schnell zu der Annahme, die US-Notenbank Fed habe sich mit ihrer ersten Zinssenkung zu viel Zeit gelassen und damit den besten Zeitpunkt für eine „sanfte Landung“ verpasst. Immerhin geht es darum, das Wachstum abzubremsen, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Gleichzeitig soll der Dämpfer aber nicht so drastisch ausfallen, dass die Wirtschaft in eine Rezession stürzt.

Aber auch die KI Aktien, die Zugpferde der aktuellen Rallye, konnten zuletzt nicht mehr ganz überzeugen. Ende August legte das Aushängeschild der Branche, Nvidia, seine Quartalszahlen vor. Obwohl das Unternehmen die Erwartungen der Analysten übertroffen hat, reagierte die Wall Street angesichts eines nicht ganz so rosigen Ausblicks verschnupft. In dem Segment ist eben kein Platz für Enttäuschungen, dafür waren die Kursanstiege in der Vergangenheit zu astronomisch. Und die Börsianer fragen sich auch zunehmend, wie lange die Unternehmen noch so ungebremst in eine Technologie investieren werden, die bis dato noch keine Gewinne abwirft.

Aber offenbar werden nicht nur in der Technologie kleinere Brötchen gebacken. Für das 3. Quartal erwarten die Analysten im S&P 500 ein Gewinnwachstum von 3,9 Prozent. Noch Anfang Juli lag die Schätzung bei 6,9 Prozent. Im nun schon vollständig vorliegenden 2. Quartal verbuchten die Unternehmen noch einen Gewinnanstieg von 8,9 Prozent. Der Trend geht also auch hier ganz eindeutig in Richtung „Bremsmanöver“.

Für die Sitzung der US-Notenbank am 18. September stellt sich damit die Frage, ob sie die Zinsen um 25 Basispunkte senken wird (das gilt quasi als ausgemacht). Oder ob das angesichts einer doch schon deutlich abgebremsten Dynamik nicht mehr ausreicht und eine Senkung um 50 Basispunkte angezeigt ist. Der Markt sieht die Chancen dafür aktuell bei rund 50 Prozent und damit deutlich höher als noch vor einigen Tagen.

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