Bhutan – Mit Wasserkraft zum Bitcoin-Boom
Niko Jilch ist seit mehr als 10 Jahren als Journalist, Speaker und Experte für Finanzmärkte, Geldanlage und Bitcoin in Wien – unter anderem für die „Presse“, Thinktank Agenda Austria und „Brutkasten“. 2024 hat er mit „Binifico“ sein eigenes Medienhaus gegründet und berät seit 2022 das Europäische Forum Alpbach für die Bereiche Finanzmarkt und Kryptowährungen.
Bhutan, ein kleines buddhistisches Königreich hoch im Himalaya zwischen Indien und China ist selten Thema von Analysen oder Artikeln im Westen. Doch wir haben uns in der aktuellen Ausgabe von „Markt & Mächte“ mit diesem Land zwischen Brutto-Nationalglück, Wasserkraft mit Know-how aus Österreich und Bitcoin beschäftigt, weil es ein faszinierendes Beispiel für einen ungewöhnlichen Ansatz für Wohlstand ist.
Bhutan ist kein reiches Land, aber wenn man dort ist, merkt man, dass darauf geachtet wird, dass alles schön dort ist. Aber unter der Oberfläche verbergen sich viele Probleme. Statt dem Bruttosozialprodukt setzt das Land auf das Brutto-Nationalglück, ein Konzept, das neben dem Wirtschaftswachstum auch andere Parameter wie Good governance, Klima- und Umweltschutz und eine funktionierende Gesellschaft als Ziele definiert. Die Menschen haben einen Bezug zu ihrem Land und der Gesellschaft, der aufgrund ihrer Geschichte und ihrer Religion völlig anders ist, als wir uns im Westen vorstellen.
Energie ist dort ein großes Thema, nicht nur die mentale Energie, sondern auch ganz real die physische Energie – der Strom. Was im Westen nicht sehr bekannt ist, ist der Fakt, dass Bhutan ein starker Player in der Wasserkraft ist. Hier spielt auch Österreich eine Rolle, denn es unterstützt Bhutan beim Wasserkraft-Ausbau mit Know-How, aber auch mit Geld im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit. 1967 wurde das erste Wasserkraftwerk gebaut und mittlerweile ist die Wasserkraft die zentrale Säule der Wirtschaft, drei Viertel der Energieproduktion werden nach Indien exportiert. Gleichzeitig bringt der massive Export nach Indien auch eine Abhängigkeit mit sich – die Bhutan durch einen neuen Verwendungszweck für die überschüssige Energie mindern will – Bitcoin.
Der König persönlich hat sich dafür eingesetzt, dass ein Teil der Wasserkraft des Landes zum Bitcoinmining genutzt wird. Bis heute hat Bhutan damit 13.000 Bitcoins erlangt, das entspricht gut einer Milliarde Dollar und ist ein gutes Drittel der Wirtschaftsleistung. Mit diesen Mitteln wurden unter anderem die Löhne aller öffentlich Bediensteten um 50 Prozent erhöht. Und aktuell soll die Produktion von Wasserkraft noch ausgebaut werden. In einem Entwicklungsland wird nicht darüber nachgedacht, wie man weniger Energie verbraucht – das ist eine Art westliche Wohlstandsverwahrlosungs-Erscheinung – sondern es geht darum, mehr Energie zu produzieren und zu verbrauchen.
Bitcoin, Energieexport, eine sanfte Ankurbelung des Tourismus und das Brutto-Nationalglück – diese Initiativen sollen nicht nur nach innen wirken, sondern haben auch einen außenpolitischen Hintergedanken. Nur in den Bergen zu sitzen und glücklich zu sein, reicht nicht, man muss als Nachbar Chinas auch dem Rest der Welt einen Grund geben, warum das Schicksal Bhutans nicht egal ist. Die Öffnung nach Außen die der Staat betreibt, etwa durch eine geplante Sonderwirtschaftszone samt Flughafen, der „Stadt der Achtsamkeit“, ist auch ein Versuch mehr internationale Aufmerksamkeit zu bekommen – und indirekt auch Schutz vor den Großmachtspielen Pekings.