Anderswo ist die 6-Tage-Woche eine logische Antwort auf Krisen
Sara Grasel ist Chefredakteurin von Selektiv. Sie ist seit fast 20 Jahren Wirtschaftsjournalistin mit Stationen bei „Die Presse“, Trending Topics und brutkasten. Zuletzt war sie Chefredakteurin der Magazine der Industriellenvereinigung.
Samsung ist einer der erfolgreichsten und größten Elektonik-Konzerne der Welt. Das Unternehmen ist auch der größte private Arbeitgeber in seinem Heimatland Südkorea. Wenn das Geschäft schlecht läuft, ziehen Führungskräfte dort durchaus logische Konsequenzen. 2014, als der Absatz bei Smartphones einbrach, verzichteten sie freiwillig auf einen Teil ihrer variablen Gehaltsanteile. 2023 ist für den Mischkonzern auch nicht gut gelaufen. Im vierten Quartal 2023 fuhr der Konzern bereits das sechste Quartal in Folge einen Gewinnrückgang ein – diesmal liegt es vor allem am Halbleiterbereich. Die Konsequenz: Managerinnen und Manager arbeiten nun im „Notfallsmodus“ mehr als bisher und sollen damit ein „Gefühl der Krise“ vermitteln. Führungskräfte können sich aussuchen, ob sie Samstag oder Sonntag zusätzlich arbeiten wollen. Während in Österreich mitten in einer Rezession – übrigens der stärkste realwirtschaftliche Rückgang seit 1951 – eine Großpartei mit dem Vorschlag einer 32-Stunden-Woche in den Wahlkampf geht. Klar, wer will denn nicht weniger arbeiten und dabei gleich viel verdienen?
Das Märchen von mehr Freizeit, weniger Arbeit und genug Geld für alle wurde so lange mit Nachdruck erzählt, dass beim Aufkommen des Gegenvorschlags, also mehr zu arbeiten, gleich der Bundeskanzler ausrücken muss, um klarzumachen, dass das nicht in Frage kommt. In Österreich findet es offenbar kaum jemand logisch, dass man den sprichwörtlichen Karren nur mit mehr Anstrengung aus dem Dreck ziehen kann. Ökonomen haben das für Österreich berechnet – das Ergebnis ist eigentlich kaum überraschend: Eine Erhöhung der Arbeitszeit auf 41 Stunden bei entsprechend höherem Bruttomonatseinkommen bringt laut EcoAustria einen Anstieg des realen BIP um 1,2 Prozent bzw. 5 bis 6 Milliarden Euro. Wem das zu abstrakt ist: Das bedeutet 2,1 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen, um unser teures Sozialsystem zu finanzieren.
In Österreich beträgt die „Normalarbeitszeit“ 40 Stunden – der Begriff ist aber fast schon irreführend, denn seit Jahren wird immer weniger gearbeitet als „normal“. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit beträgt, je nach Rechnung mit oder ohne Teilzeit, 33,7 Wochenstunden (Agenda Austria) bzw. 37,6 Wochenstunden (Eurostat). Eine der niedrigsten in ganz Europa. Während sich hierzulande Politiker überlegen, wie man diese Zahl weiter senken könnte, ermöglicht übrigens Griechenland die 6-Tage-Woche. Die offizielle Begründung: Arbeitskräftemangel. Auch irgendwie eine logische Reaktion. Unnötig zu erwähnen, dass es in Österreich auch einen Mangel qualifizierter Arbeitskräfte gibt. Wir werden immer weniger – Stichwort Babyboomer, die in Pension gehen – und ein großer Teil jener, die aus Drittstaaten nach Österreich kommen, haben Schwierigkeiten, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Das hat unterschiedliche Gründe. Dass viele Neuankömmlinge schlicht Analphabeten sind, ist aber eine andere Geschichte.