Die Bühne der EZB © European Central Bank
Die Bühne der EZB © European Central Bank
Europa

EZB-Zinssenkung: Wachstumsstütze oder Inflationstreiber? 

Am Donnerstag waren europaweit alle Augen nach Frankfurt gerichtet. Die Europäische Zentralbank verkündete eine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte. Über eine mögliche Senkung der Leitzinsen wurde bereits seit Wochen spekuliert, denn sowohl die Schweizerische Nationalbank SNB als auch die schwedische Riksbank hatten im Mai die Leitzinsen um jeweils 25 Basispunkte gesenkt. Nun zog auch die Europäische Zentralbank nach. 

Zu früh?

Viele Ökonominnen und Ökonomen stufen die Zinssenkung des EZB als zu früh ein und warnen über eine Fehlentscheidung, die zu großen wirtschaftlichen Risiken im Euroraum führen könnte. Die größte Sorge sei die kürzlich wieder angestiegene Inflation im Euroraum von 2,4 auf 2,6 Prozent, wodurch sie sich weiter von der anvisierten Zwei-Prozent-Marke der EZB entfernte. Die Senkung des Leitzins könne eine zweite Inflationswelle hervorrufen. Jedoch wurde auch eine zu späte Senkung des Leitzins als eine Gefahr für die Wirtschaft gesehen, die Europa sogar zu einer Rezession führen könnte. 

Auch für die österreichische Wirtschaft sind das keine guten Nachrichten. Obwohl die Inflationsrate in Österreich im Jahresvergleich und im Vergleich zum Vormonat gesunken ist, lag sie im Mai mit 3,3 Prozent deutlich über dem Zielwert des EZB von zwei Prozent. In elf der 20 Euroländer ist die Inflation im Mai gestiegen. Österreich zählt zu jenen Ländern, in denen die Inflationsrate, wenn auch nur geringfügig, gesunken ist.

„Die Inflation wird in Österreich immer höher als im Resteuroraum bleiben. Werden die Zinsen gesenkt, kurbelt das die Inflation in der EU wieder an. Österreich ist bereits zu hoch und würde daher von einem höheren Punkt aus starten“, sagt Finanzexperte Niko Jilch zu Selektiv. Auch er warnt, dass die hohen Inflationswerte womöglich ein Signal dafür seien, dass es doch zu früh für eine Zinssenkung sei. 

Zinssenkung von 0,25 Prozentpunkten erwartet

Die Zentralbank hatte die Zinsen seit September 2023 nicht geändert. Seither lag der Leitzins der EZB bei 4,5 Prozent. Die letzte Lockerung des EZB-Leitzinses ist lange her. Im Jahr 2019 hatte die EZB den Leitzins auf den Niedrigstand von null Prozent gesenkt. Diese wurde im Juli 2022 aufgrund der starken Inflation in zehn Zinsschritten auf 4,5 Prozent angehoben.

Seit Donnerstag liegt der Leitzins der EZB bei 4,25 Prozent. Weitere Zinssenkungen sind aktuell ungewiss. Jedoch wird erwartet, dass die EZB die Zinsen in Minimalschritten von 0,25 Prozentpunkten weiter senken wird.