Europa hat die Weltwirtschaft noch vor wenigen Jahrzehnten angeführt. Seither hat sich das Mächteverhältnis allerdings stark verändert. Auf die USA entfiel im Jahr 2023 laut International Monetary Fund (IMF) ein gutes Viertel des der globalen Wirtschaftsleistung (Anteil am BIP zu aktuellen Preisen, 26,1 Prozent). An zweiter Stelle stand wieder die EU mit 17,5 Prozent. 2022 lag China auf Platz zwei und ist 2023 mit einem Anteil von 16,9 Prozent knapp auf den dritten Rang gerutscht. Wirtschaftswachstum hat in Europa unmittelbar mit der Offenheit gegenüber Handelspartnern zu tun, wie Analysen der Weltbank zeigen. Europäische Länder haben stark vom gemeinsamen Binnenmarkt profitiert – aber auch von der Erschließung des internationalen Handels, etwa mit den USA, die in Österreich bereits der zweitwichtigste Handelspartner nach Deutschland und vor Italien sind.
Wovon die derzeit schwächelnde Wirtschaft in Europa und Österreich am meisten profitieren würde, ist eine Vertiefung des EU-Binnenmarkts und ein Ausbau internationaler Handelsbeziehungen. Sollten zum Beispiel die USA hohe Zölle auf bestimmte europäische Produkte erheben, verlagern international aufgestellte Unternehmen ihre Produktion vielleicht in die USA oder ein Land, das entsprechende Abkommen mit den USA hat. Neue Arbeitsplätze, Wertschöpfung und möglicherweise Innovation entstehen dann dort. Alleine das unausgeschöpfte Potenzial österreichischer Umwelttechnologie-Exporte in die USA liegt bei 968 Mio. Euro pro Jahr, wie Ökonomen kürzlich vorrechneten. Aber auch der EU-Binnenmarkt hat noch enormes Potenzial für alle EU-Länder. Die EU-Kommission schätzt, dass hier durch Maßnahmen zur Vertiefung des Binnenmarkts noch 713 Mrd. Euro bis Ende 2029 schlummern. Gleichzeitig ächzt die europäische Wirtschaft unter einem wachsenden Berg an Berichtspflichten. Die EU-Kommission hat sich eine Reduktion dieser bürokratischen Belastung um 25 Prozent vorgenommen – noch fehlen dazu allerdings die konkreten Vorschläge, wo anzusetzen ist.
Morning in Brief
