Energietechnologien

„Die Bundesländer verzögern die Energiewende“

Sinkende Preise für fossile Energieträger, Rezession, Inflation und Fachkräftemangel haben 2023 die Verbreitung innovativer Energietechnologien entschleunigt. So lautet das Ergebnis des vom Klimaministerium in Auftrag gegebenen Berichts „Innovative Energietechnologien in Österreich – Marktentwicklung 2023“. Sechs Forschungsinstitutionen analysierten für den Jahresbericht rund zehn Energietechnologien, darunter Photovoltaik (PV), PV-Batteriespeichersysteme, Brennstoffe sowie Kessel und Öfen als Biomasse, Solarthermie, Großwärmespeicher, Windkraft, Wärmepumpen und thermische Bauteilaktivierung.

Zu den sechs Forschungsinstitutionen zählen FH Technikum Wien, Enfos, Technologie Plattform Photovoltaik, Best – Bioenergy und Sustainable Technologies, AEE Intec und IG Windkraft – Austrian Wind Energy Association.

Die Expertinnen und Experten waren sich einig: Das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungs-Gesetz ist dringend notwendig. Besonders die Bundesländer wurden als Ursache für die Verzögerung der Energiewende genannt. Dabei sei es unabdingbar, dass Bund und Länder an einem Strang ziehen, um Klima- und Energieziele zu erreichen. 

Trotz positiver Zahlen haben nach dem Ausnahmejahr 2022 viele hemmende Faktoren die Aufträge im Jahr 2023 gebremst. Die Marktzahlen für 2023 resultieren aus den Aufträgen des Jahres 2022. Denn: Die hohen Leistungen in 2022 führten auch zu einer hohen Motivation bei den Investorinnen und Investoren. Dennoch wurden in den letzten zwei Jahren teilweise Werte erreicht, die das Erreichen der Klima- und Energieziele möglich machen. 

Solarthermieindustrie leidet

Besonders schlecht ging es im Vorjahr der Solarthermie-Industrie. Die Neuinstallationen verzeichneten 2023 ein Minus von 20 Prozent. Bei Solar-Hybridkollektoren (PVT) gingen die Zahlen 2023 im Vergleich zum Vorjahr sogar um ein Drittel zurück. Auch im Bereich der Solarthermie-Exports wurde ein Rückgang von 26 Prozent verzeichnet. „Bei diesen Zahlen könnte man den Eindruck gewinnen, dass die Politik glaubt, die Energiewende ohne Solarthermie zu schaffen“, sagt Christian Fink von AEE Intec. Als Grund für die rückläufigen Zahlen nennt Fink das Ende des Förderprogramms für solarthermische Großanlagen. „Diese wurden mit Dezember 2023 beendet, was zu einem sofortigen Stopp der Aktivitäten geführt hat“, erklärt Fink. 

Zudem gäbe es Ähnlichkeiten zwischen Großwärmespeicher und der Solarthermie. 2023 wurde laut dem Experten kein neuer Großwärmespeicher in Österreich installiert. Die größte neugebaute Anlage war somit das Biomasse-Heizwerk in Wollsdorf in der Steiermark, die die Industrie- und Gewerbeparks in der Umgebung versorgt. Somit seien die Peak-Jahre für Großwärmespeicher, wie wir sie in Österreich zwischen 2017 bis 2021 erlebt haben, vorüber. Jedoch bestehe im Zuge der Energietransformation Hoffnung für einen erneuten Aufschwung für die Großwärmespeicher-Industrie. 

Imageschaden für die Pelletsindustrie 

„Die hohen Preisentwicklungen in 2022 haben der heimischen Pelletsindustrie einen  Imageschaden zugeführt“, sagt Monika Enigl von Best. Dennoch sei der Pelletsverbrauch 2023 in Österreich stabil geblieben. Zudem werde bis 2020 die Bioökonmie stark an Bedeutung gewinnen. „Wir werden uns mehr in Richtung Abfallnutzung bewegen“, sagt die Expertin. Daher seien Biomassebrennstoffe wegen ihrer Zeit- und Wetterunabhängigkeit eine gute und verlässliche Walternative.

Wärmepumpen

Auch die Wärmepumpen-Industrie hat 2023 einen Rückgang verzeichnet. Mit einem Minus von 7,3 Prozent rede man hier laut Peter Biermayr von Enfos dennoch von einer „Stabilisierung im hohen Niveau“. Rückverrechnet liege der durchschnittliche Wachstum der letzten drei Jahre bei 22 Prozent. „Das ist gewaltig“, so Biermayr. Denn 2023 habe die Leistungs- und Belastungsfähigkeit der Branche unter Beweis gestellt. Trotz schwierigen Bedingungen, u.a. mit Lieferkettenproblemen, Fachkräftemangel und fehlenden Installateuren habe die Wärmepumpenindustrie die Marktexplosion verkraften und verarbeiten können. 

„Die Wärmepumpe wird in der Wärmewende eine Schüsselrolle spielen“, sagt Biermayr. Das sei darauf zurückzuführen, dass die längerfristigen Entwicklungen von Gebäudeeffizienz und Kühlbedarf zu einem weiteren Boom führen werden. Jedoch sei es unter den aktuellen Rahmenbedingungen schwierig, die Zahlen der letzten Jahre fortzuführen. 

Windkraft

Positiver sind die Zahlen im Bereich der Windenergie. Hier wurden 2023 mehr Windräder installiert als im Vorjahr. Dennoch sei der Ausbau noch um ein Drittel zu niedrig. Wir sind laut Martin Jaksch-Fliegenschnee von IG Windkraft noch immer nicht dort, wo wir sein müssten. „Um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen, bräuchten wir jährlich 150 neue Windräder, die 1.000 Megawatt Energie pro Jahr erzeugen“, sagt Jaksch-Fliegenschnee. Der Experte weist auch auf ein weiteres Problem hin: Alle Windradanlagen, die 2023 errichtet wurden, seien durch das alte Ökostromgesetz gefördert. 

„Die Bundesländer verzögern die Energiewende“, sagt Jacksch-Fliegenschnee. Die Windstromproduktion sei aktuell nur auf Ost-Österreich konzentriert. Sowohl in Salzburg als auch in Tirol gebe es Potenzial, doch hier werde man durch massive Einwände der Landespolitik aufgehalten. Dabei ist der Experte der Meinung, dass die steigenden Leistungen der Windkraftwerke für sich sprechen. 

„Haben vor zwei Jahren sieben Windkraftwerke sieben Megawatt Strom erzeugt, kann eine einzige Anlage heute mehr Windstrom generieren, als sieben Anlagen davor“, so der Experte. Er ergänzt: „Wir haben Zuwachs in der Windenergie, aber keinen nachhaltigen. Wenn die Bundesländer nicht nachziehen, werden die Hemmungen aus Länderebene zu einem Einbruch in der Branche führen“, so Jacksch-Fliegenschnee.

Photovoltaik und Speicherbatterien

Die Energiekrisen der Vorjahren hatten 2023 besonders positive Auswirkungen auf die  Photovoltaik-Industrie. Hier konnte in den letzten Jahren eine eindeutige Kostensenkung beobachtet werden. Während sich die Preise für Photovoltaik-Anlagen für Ein- bis Zweifamilienhäuser kaum verändert haben, erlebten Großanlagen mit 28,4 Prozent die höchste Kostensenkung. Das sei laut Hubert Fechner vom IEA-Photovoltaik Power Systems Programm auf billigere Modulpreise zurückzuführen, welche bei Großanlagen den größten Kostenanteil darstellen. 

Die Anzahl an Neuinstallationen von Photovoltaik-Anlagen stieg 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 158 Prozent. In Österreich werden Neu-PV-Anlagen überwiegend auf Dächern (85 Prozent) installiert, gefolgt von freistehenden Großanlagen mit 11,8 Prozent. Trotz der positiven Entwicklung sei die Verfahrensbeschleunigung essentiell, vor allem für Flächenausweisungen und Bauordnungen. Obwohl die Zahlen der letzten Jahre sich äußert positiv entwickelt haben, sei die zunehmend wachsende Abhängigkeit der heimischen PV-Industrie an China besorgniserregend. 

Zudem appelliert Fechner an Besitzerinnen und Besitzer der Anlagen, die Technologie nicht nur zu installieren, sondern sich auch darum zu kümmern, wie sie die generierte PV-Energie managen. Hierfür sei es wichtig, in Batteriespeicher zu investieren, um die Überschussenergie aus der Mittagszeit auch in den Abendstunden nutzen zu können. „Es wird  zunehmend lukrativer, den Strom zu speichern und am Abend zu verwenden, statt ihn in das Stromnetz einzuspeisen“, so der Fechner. 

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