Wahlprogramme 2024

5 wirtschaftspolitische Ideen der ÖVP

Das Wahlprogramm der ÖVP füllt vergleichsweise umfangreiche 270 Seiten. Wirtschaftsthemen nehmen darin breit Raum ein, wobei sich die Partei auch Zeit und Platz nimmt, bereits erfolgte Maßnahmen der vergangenen Regierungsjahre anzuführen: die teilweise Abschaffung der „kalten Progression“, Senkung von Körperschaftsteuer und Lohnnebenkosten usw. Die ÖVP hat sich sogar ein Ziel für das Wirtschaftswachstum Österreichs gesteckt: 50 Milliarden Euro mehr an Wirtschaftsleistung für die gesamte Legislaturperiode, schweben der Partei vor – ein durchschnittliches BIP-Wachstum von 2 Prozent pro Regierungsjahr. Die Nationalbank rechnete in der jüngsten Prognose für die BIP-Entwicklung mit einem Minus von 0,7 Prozent für das Jahr 2024, für 2025 mit einem geringen Wachstum von 1 Prozent und für 2026 mit 1,5 Prozent.

Selektiv hat die Wahlprogramme der im Parlament vertretenen Parteien in Österreich gelesen und fasst jeweils fünf wirtschaftspolitische Ideen aus diesen Programmen zusammen.

1. Faktor Arbeit entlasten

Die ÖVP schlägt eine Reform der Einkommensteuerstufen vor: Der Eingangssteuersatz soll von 20 Prozent auf 15 Prozent (Löhne zwischen rund 1.750 Euro und 2.890 brutto pro Monat) sinken und die (dritthöchste) Steuerstufe von 48 Prozent (Löhne zwischen rund 8.280 Euro und 83.340 brutto pro Monat) entfallen. Für Vollzeitarbeitende will die ÖVP einen zusätzlichen Steuerbonus von 1.000 Euro einführen sowie Unternehmen eine steuerfreie Prämie für den Umstieg von Teilzeit auf Vollzeit gewähren. Überstunden sollen generell steuerfrei werden. Arbeitnehmer über dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter sollen zudem keine Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträge mehr bezahlen müssen. Die Lohnnebenkosten sollen bis 2030 um 0,5 Prozentpunkte pro Jahr sinken – vorgesehen ist eine Finanzierung des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) zum Teil aus dem Bundesbudget statt nur über die Lohnnebenkosten und eine Reduktion der Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Die Abgabenquote soll damit „in Richtung 40 Prozent“ gesenkt werden. Die ÖVP möchte die derzeitige geringfügige Beschäftigung verbieten und ein degressives Arbeitslosengeld mit Wartefrist einführen. Vermögen- und Erbschaftssteuern erteilt die ÖVP eine Absage. 

2. Vorsorge und Vermögensaufbau erleichtern

Der jährliche Freibetrag für Zuwendungen zur Zukunftssicherung durch Arbeitgeber soll von 300 Euro auf 1.200 Euro pro Jahr angehoben werden. Zudem soll die Versicherungssteuer für Pensionskassenbeiträge von 2,5 Prozent auf 1,5 Prozent sinken und der Veranlagungsfreibetrag von 730 Euro auf 1.500 Euro angehoben werden. Das automatische Pensionssplitting soll verankert werden und eine Stärkung der zweiten und dritten Säule des Pensionssystems (privat und betrieblich) erfolgen. Schließlich möchte die ÖVP ein Vorsorgedepot schaffen durch die Wiedereinführung der Behaltefrist bei Wertpapieren. Ein rot-weiß-roter Dachfonds soll gegründet werden, um Start-ups und Unternehmen leichter Zugang zu Wachstumskapital zu verschaffen. Die Einführung eines Beteiligungsfreibetrags soll weitere Anreize für mehr Risikokapital bringen. Um Wohneigentumserwerb zu erleichtern, soll die KIM-Verordnung ab 2025 nicht mehr verlängert werden und die Grunderwerbsteuer abgeschafft werden.

3. Standort-Förderungsgesetz 

Die ÖVP möchte durch ein Standort-Förderungsgesetz, welches dem US-amerikanischen „Inflation Reduction Act“ nachempfunden ist, den heimischen Standort attraktivieren. Alle zwei Jahre soll demnach eine automatische Anpassung der heimischen Körperschaftsteuer erfolgen, wenn diese über dem EU-Schnitt liegt. Zielwert wären 0,5 Prozentpunkte unter dem EU-Schnitt. Unternehmen, die ihren Hauptsitz nach Österreich verlegen und sich verpflichten, zehn Jahre zu bleiben, sowie Unternehmen, die bereits hier sind und die sich zu langfristigen Investitionen in Österreich verpflichten, sollen fünf Jahre lang nur 15 Prozent Körperschaftsteuer zahlen müssen. Steuergutschriften sind Förderungen bei der weiteren Anreizsetzung vorzuziehen. Die Strompreiskompensation soll bis 2030 verlängert werden. Gleichzeitig soll ein Fokus auf die Diversifikation der Energieträger und der Lieferanten gelegt werden. Steuerliche Anreize mit Ober- und Untergrenzen sollen mehr Fachkräfte nach Österreich bringen. Die Rot-Weiß-Rot-Karte soll in Zukunft bei vollständiger Vorlage aller Dokumente binnen 72 Stunden ausgestellt werden können. Degressive Abschreibungen sollen ausgebaut und die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) von 1.000 auf 2.500 Euro erhöht werden. Die Anschaffung systemrelevanter Güter soll zudem mit einer alternativen Abschreibedauer bis hin zu einer Sofortabschreibung unterstützt werden. Zusätzlich soll es eine Steuerbefreiung für Rücklagen geben. Um Investitionen zu fördern, soll der Höchstbetrag des Investitionsfreibetrags von 1 Mio. Euro auf 10 Mio. Euro steigen. 

4. „Bürokratie-Opt-out“ 

Um der zunehmenden Bürokratie Herr zu werden setzt sich die ÖVP für ein „Bürokratie-Opt-out“ ein. Pauschalierungsmöglichkeiten sollen dabei ausgeweitet und Umsatzgrenzen erhöht werden. Die Belegpflicht soll bis 30 Euro abgeschafft werden. Gesetze sollen Ablaufdaten („Sunset Clauses“) erhalten, nach denen sie evaluiert und neu beschlossen werden müssen. Neue Regulierungen sollen in Zukunft nur im Abtausch für die Abschaffung zwei bisheriger Regulierungen im selben Bereich eingeführt werden dürfen („One in Two out“). Im Rahmen einer Bürokratieabbauinitiative soll die Zahl der Berichtspflichten um ein Drittel reduziert und die Übererfüllung europäischer Mindeststandards („Gold Plating“) konsequent verhindert werden. Ein jährlicher „Bürokratie-Monitor“ soll zudem Kosten und Folgen von Gesetzen aufzeigen. 

5. „Grüner Verbrenner” 

Die ÖVP setzt sich für Technologieoffenheit bei künftigen Auto-Antriebstechnologien ein. Für den „Grünen Verbrenner” soll es eine Investitionsoffensive in der Höhe von einer Milliarde Euro geben. Im Rahmen des Transformationsfonds will die ÖVP einen Fokus auf nachhaltige alternative Antriebstechnologien setzen. Gleichzeitig will die Partei die Verkehrsinfrastruktur Straße ausbauen und ist für eine Reform des Bundesstraßengesetzes und den Bau der dort verankerten Projekte wie der Umsetzung der S1 Schwechat bis Süßenbrunn (Lobautunnel) oder auch der Bodensee Schnellstraße S18. bis 2040. Insgesamt soll ein Volumen von 20 Milliarden Euro in Straßenbauprojekte fließen.

Sonstiges 

Die ÖVP will außerdem die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid in Österreich erlauben (CCS). Der Fonds Zukunft Österreich (FZÖ) soll als Förderinstrument bis 2030 verlängert werden und mit jährlich 200 Millionen Euro dotiert werden.

Zum Wahlprogramm der ÖVP

Serie: Wirtschaftspolitische Ideen in den Wahlprogrammen

Selektiv hat die Wahlprogramme der im Parlament vertretenen Parteien in Österreich gelesen und fasst jeweils fünf wirtschaftspolitische Ideen aus diesen Programmen zusammen. Bereits erschienen ist die Analyse zum NEOS-Programm, zum FPÖ-Programm, SPÖ-Programm und zum Grünen-Programm.